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Astrud Gilberto

Brasilianische Sängerin zwischen Bossa Nova, Samba, Jazz und Pop, geboren am 30. März 1940 in Salvador da Bahia, als Astrud Weinert. Ihr Vater war der deutsche Einwanderer Fritz Weinert. Er arbeitete als Sprachlehrer und unterrichtete Deutsch und Englisch. Zudem erwarb er sich eine gewisse Reputation als Kunstmaler. Ihre Mutter war die Brasilianerin Evangelina Lobão.


1947 zog ihre Familie nach Rio de Janeiro, wo sie einige Zeit das Colégio de Aplicação, eine Hochschule für angewandte Kunst, besuchte. Anfang 1960 heiratete sie in Copacabana den Musiker João Gilberto, den sie im Jahr zuvor in der Wohnung der Sängerin Nara Leão kennengelernt hatte.


Das Paar wurde Eltern des Sohnes João Marcelo. Ihren vielleicht ersten öffentlichen Auftritt als Sängerin hatte Astrud Gilberto an einem Freitagabend vor 3000 Zuschauern in der Architektur-Schule am Praia Vermelha von Rio. Sie trug neben zahlreichen Stars der noch jungen Bossa Nova-Szene zur Gitarre und zum Harmoniegesang ihres Mannes zwei Lieder vor.


Astrud Gilberto folgte ihrem Mann 1963 in die USA, wo er ab 1962 arbeitete. João Gilberto hatte schon in Brasilien ab Anfang der 1950er Jahre mehrere Aufnahmen realisieren können. In den USA kam es zu einer Zusammenarbeit mit dem Jazz-Tenorsaxophonisten Stan Getz, der mit Charlie Byrd (g) und anderen amerikanischen Jazzmusikern Anfang der 1960er Jahre in Brasilien den Bossa Nova entdeckt hatte.


Am 18. und 19. März spielten die beiden Co-Leader, begleitet von Antonio Carlos Jobim (p), Sebastião Neto (b) und Milton Banana (dm, pandeiro), die LP "Getz/Gilberto" (Verve, 1963) ein. Das Album kam auf Platz zwei der Billboard 200 und blieb zwischen Sommer 1964 und Frühling 1966 insgesamt 96 Wochen in der Hitparade. Es war, inmitten der heissesten Free Jazz-Phase, das damals meistverkaufte Jazz-Album.


Die LP erhielt vier Grammys und dies, obwohl die Sängerin Astrud Gilberto, die bei zwei Stücken sang, nur als Ehefrau von João mitgereist war und gar nicht als Sängerin vorgesehen war. Ihre Interpretation von "Girl From Ipanema" machte aus der Amateursängerin praktisch über Nacht ein Weltstar. Sie wurde nur beigezogen, weil sie englisch konnte.


"The Girl From Ipanema" war 1962 Antonio Carlos Jobim und Vinícius de Moraes geschrieben worden. Erstmals wurde das Lied im selben Jahr von Pery Ribeiro aufgenommen. Der englische Text wurde kurz vor den Aufnahmen von "Getz/Gilberto" von Norman Gimbel verfasst. Die auch auf einer Single ausgekoppelte Getz/Gilberto-Version wurde ein Welthit und zum Signature-Song von Astrud Gilberto.


In den Billboard Hot 100 kletterte die Single auf Platz 5 und in Grossbritannien kam sie unter die 30 damals bestverkauften Singles. Dieser Erfolg machte einige der Beteiligten reich. Einzig Astrud Gilberto wurde mit einer einmaligen Zahlung von 1200 Dollar abgespiesen.


Das Lied wurde später von vielen anderen Sängerinnen und Sängern aufgenommen, so von Frank Sinatra, Ella Fitzgerald allein oder mit The Supremes, Nat King Cole, Eliane Elias, Julie London, Peggy Lee, Shirley Bassey, Eartha Kitt, Petula Clark, Diana Krall und anderen. Sängerinnen änderten den Song meist in "The Boy from Ipanema" ab.


Auf der LP "Getz/Gilberto #2" (Verve, 1965) einem Split-Album des Stan Getz Quartets und dem Trio João Gilberto (vcl, g), Keter Betts (b) und Hélcio Milito (dm) wurde Astrud Gilberto nicht mehr beigezogen. Sie bekam aber davor Gelegenheit, Aufnahmen unter ihrem Namen realisieren zu können.


Das erste Album hatte "Getz Au Go Go" (Verve, 1964) geheissen und entstand live zusammen mit The New Stan Getz Quartet, bestehend neben Stan Getz (ts) aus Gary Burton (vibes), Chuck Israels oder Gene Cherico (b) sowie Hélcio Milito oder Joe Hunt (dm). Teilweise wurde Kenny Burrell (g) beigezogen.


Astrud Gilberto hatte zudem eine Affäre mit dem verheirateten Getz. 1964 endete die Zusammenarbeit mit Getz auf beiden Ebenen. Auch ihre Ehe mit João wurde geschieden. Später heiratete sie erneut. Ein Sohn aus dieser zweiten Ehe ist Gregory Lasorsa, ein Gitarrist und Songwriter.


Ihre ersten eigenen Alben hiessen "The Shadow Of Your Smile" (Verve, 1965) und "The Astrud Gilberto Album" (Verve, 1965). Darauf wurde sie von Orchestern begleitet. Bis Anfang der 1970er Jahre erschienen fast zehn weitere Alben für "Verve" und eines für "CTI", letzteres mit Stanley Turrentine (ts) als Co-Leader.


Ab dem Album "Now" (Perception, 1972) versuchte sich Astrud Gilberto auch als Komponistin. Die Abstände zwischen ihren Alben wurden immer größer. Für das Album "That Girl from Ipanema" (Image, 1977) nahm sie eine Disco-Version ihres grössten Hits auf. Sie arbeitete mit James Last zusammen und trat überall in der Welt auf.


In ihrer Heimat Brasilien stand sie allerdings lediglich einmal auf der Bühne, 1965 in São Paulo. 2001 zog sie sich aus dem Musikgeschäft zurück und widmete sich der Malerei. Darüber hinaus nutzte sie ihre anhaltende Popularität, um sich für Tierschutz und Tierrechte zu engagieren. Astrud Gilberto starb am 5. Juni 2023 im Alter von 83 Jahren in Philadelphia, Pennsylvania.


Sie hinterliess fast zwei Dutzend eigene Alben und fast 90 Singles. Ihr Schaffen ist auf fast 100 offiziellen und inoffiziellen Compilations dargestellt.

06/23


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