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Carla Bley

Amerikanische Bandleaderin, Pianistin, Keyborderin, Komponistin und Arrangeurin, geboren am 11. Mai 1938 in Oakland, California, als Lovella May Borg. Sie stammte aus einer streng religiösen Familie und musste deshalb schon früh Kirchenorgel spielen. Nach ihrer Schulzeit war sie Zigarettenverkäuferin in New Yorker Jazzclubs und begann erste Kompositionen zu schreiben.


1957 heiratete sie den Pianisten Paul Bley, den sie als "cigarette girl" im New Yorker Jazzclub "Birdland" kennen gelernt hatte und der als erster ihre Kompositionen spielte. Später taten dies auch Jimmy Guiffre, George Russell, Art Farmer und andere. Carla Bley spielte zu dieser Zeit auch mit Pharoah Sanders und Charles Moffett.


1965/66 gehörte sie zusammen mit Michael Mantler (tp), Steve Lacy (ss), Kent Carter (b) und Aldo Romano (dm) den Jazz Realities an. Diese Gruppe nahm in Holland eine gleichnamige LP (Fontana, 1966) auf. Ab Mitte der 1960er Jahre engagierte sich Carla Bley stark im The Jazz Composer's Orchestra und in der Jazz Composers Orchestra Association (JCOA).


1967 schrieb sie für Gary Burton das Werk "Genuine Tong Funeral", eine sogenannte "dark opera without words". Bei der Einspielung für eine gleichnamige LP (RCA Victor, 1968) wirkten neben Burton (vibes) und Bley (p, org) Steve Lacy (ss), Gato Barbieri (ts), Michael Mantler (tp), Jimmy Knepper (tb, b-tb), Howard Johnson (tuba, bars), Larry Coryell (g), Steve Swallow (b) und Bob Moses (dm) mit.


Moses wurde unter dem Namen Longsome Dragon aufgeführt, weil er mit der Musik von Carla Bley nicht einverstanden war. Später revidierte er seine Meinung. Im selben Jahr wirkte Carla Bley bei den Aufnahmen für die LP "The Jazz Composer's Orchestra" (JCOA, 1968), dem zweiten Album des gleichnamigen Grossensembles, mit.


Für The Jazz Composer's Orchestra schrieb sie zwischen 1968 und 1971 jene Musik, die auf der Triple-LP "Escalator Over The Hill" (JCOA, 1974) veröffentlicht wurde. Paul Haines verfasste die Texte. Bei den Aufnahmen machten über 30 Musiker und Musikerinnen mit, darunter Jack Bruce, Linda Ronstadt, Gato Barbieri, Don Cherry, Charlie Haden, Paul Motian, John McLaughlin, Enrico Rava und andere.


"Escalator Over The Hill" wurde zu einer Art Kultaufnahme. Die Oper erlebte erst 1997 an der Trienale in Köln ihre erste öffentliche Aufführung. Bley machte später bei weiteren Aufnahmen von The Jazz Composer's Orchestra mit, allerdings nurmehr als Musikerin. Die Arbeit mit grösseren Ensemble setzte sie aber fort.


Weitere Aufnahmen machte sie in jener Zeit mit dem Liberation Music Orchestra von Charlie Haden und vor allem mit dem Trompeter und Komponisten Michael Mantler, dessen Ehefrau sie 1965 wurde. Aus dieser Ehe, die bis 1991 dauerte, ging die Pianistin, Komponistin und Bandleaderin Karen Mantler hervor.


Bley und Michael Mantler gründeten 1973 das eigene Label "Watt", auf dem viele ihrer Alben erschienen. Eingespielt wurden sie im eigenen Grog Kill Studio in Woodstock. Die erste Aufnahme auf dem neuen Label war "Tropic Appetites" (Watt, 1974), wiederum mit Texten von Paul Haines. Acht Musiker und Musikerinnen waren daran beteiligt. Darunter befanden sich Gato Barbieri (ts), Julie Tippetts (vcl), Dave Holland (b, e-b) oder Paul Motian (dm).


Mit einem grösseren Ensemble realisierten Bley und Mantler "13 & 3/4" (Watt, 1975). Von Mantler stammte das Werk "13", von Bley "3/4". Danach erschienen unter ihrem Namen oder von The Carla Bley Band viele weitere grossorchestrale Aufnahmen. Es waren dies "Dinner Music" (1977), "European Tour" (1978), "Musique Mecanique" (1979), "Social Studies" (1981), "Live!" (1982), "I Hate To Sing" (1984), "Heavy Heart" (1984), "Night-Glo", "Sextett" (1987), "Fleur Canivore" (1989) und "Big Band Theory" (1993), alle bei "Watt".


Dazu nannte Bley ihr Orchester The Carla Bley Big Band und gab die Alben "The Very Big Carla Bley Band" (1991), "Goes To Church" (1996), "Looking For America" (2003) und "Appearing Nightly" (2008) heraus. "Armadillo World Headquarters Austin Texas March 27 1978" (Hit Hat, 2018) hiess später eine Liveaufnahme der Carla Bley Band aus jener Zeit.


Aufnahmen eines Auftritts der Carla Bley von 1979 in Berlin erschienen Jahre später auf der B-Seite der Split-LP "50 Jahre Jazz Fest Berlin" (Berliner Festspiele, 2014). Die A-Seite enthielt das Stück "Globy Unity", das Alexander von Schlippenbach 1966 mit einem grossen Ensemble aufgeführt hatte.


Dazwischen veröffentlichte Carla Bley viele weitere Aufnahmen. Sie schrieb die Musik zum 1982 entstandenen Film "Mortelle Randonnée" (Mercury, 1983) mit Isabelle Adjani in der Hauptrolle. Die Aufnahmen entstanden mit einem zehnköpfigen Ensemble. Dieses spielte dabei nicht weniger als sechs Versionen von "La Paloma" ein.


Ab Ende der 1980er Jahre arbeitete Carla Bley vor allem mit kleineren Besetzungen. Im Duo mit ihrem dritten Lebenspartner Steve Swallow (e-b) nahm sie "Duets" (Watt, 1988), "Go Together" (Watt, 1993) und "Are We There Yet“ (Watt, 1999) auf. Mit Andy Sheppard (ts, ss) als dritter Musiker wurde "Song With Legs" (Watt, 1995) veröffentlicht.


Später kamen von diesem Trio "Trios" (ECM, 2013), "Andando El Tiempo" (ECM, 2016) und "Life Goes On" (ECM, 2020) heraus. Mit Billy Drummond (dm) nannte sich das Trio Bley, Sheppard und Swallow The Lost Chords. Von dem Quartett erschien ein gleichnamige Aufnahme (Watt, 2004). Auf "The Lost Chords Find Paolo Fresu" (Watt, 2007) war Lost Chord ein Quintett mit Paolo Fresu (tp, flh).


Auf "Fancy Chamber Music" (Watt, 1998) war das Trio Bley, Swallow und Chris Wells (dm) einem Kammermusik-Quintett gegenüber gestanden. Auf "4 x 4" (Watt, 2000) stellte Bley ein Bläserquartett mit Lew Soloff (tp), Wolfgang Puschnig (as), Andy Sheppard (ts) und Gary Valente (tb) einem Quartett mit der Bandleaderin selber (p), Steve Swallow (e-b), Larry Goldings (org) und Victor Lewis (dm) gegenüber.


"Carla's Christmas Carols" (Watt, 2009) hiess eine Weihnachts-Schallplatte, die Bley mit Steve Swallow (e-b) und dem Partyka Brass Quintet eingespielt hatte. Carla Bley starb am 17. Oktober 2023 im Alter von 87 Jahren in Willow, New York.


Als Komponistin und Pianistin ist Carla Bley auf mehreren Aufnahmen von Michael Mantler, ihrer Tochter Karen Mantler, Steve Swallow sowie sowie auf solchen von The Reform Art Unit, Gary Burton & Larry Coryell, Peter Blegvad & John Greaves, Kip Hanrahan, Wolfgang Puschnig, Robert Wyatt, Gary Windo, Jack Bruce, Glen Moore und des Liberation Music Orchestra von Charlie Haden zu hören. Discogs.com listet für sie mehr als 500 Credits als Komponistin und Arrangeurin auf. Für den Pink Floyd-Schlagzeuger Nick Mason komponierte, arrangierte und prodizierte sie "Fictious Sports" (EMI, 1981). 10/23


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