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Don Pullen

Amerikanischer Avantgarde Jazz-Pianist, Organist, Komponist und Bandleader, geboren am 25. Dezember 1944 in Roanoke, Virginia. Pullen stammte aus einer musikalischen Familie. Er studierte an der Johnson C. Smith University in Charlotte, North Carolina, ehe er Anfang der 1960er Jahre Privatstunden bei Muhal Richard Abrams und Giuseppi Logan nahm.


1964 zog er auf Einladung des Bassisten Lewis Worrell, der mit Albert Ayler und Archie Shepp spielte, nach New York. Dort kam er im selben Jahr zu seinen ersten Aufnahmen, und zwar als Mitglied der Gruppe von Giuseppi Logan. Mit Logan (ts, as, bcl, fl, p, oboe), Eddie Gomez oder Reggie Johnson (b) sowie Milford Graves (dm, perc) entstanden die beiden Alben "The Guiseppi Logan Quartet" (ESP, 1965) und "More" (ESP, 1965).


Mit Graves spielte er am 30. April 1966 in New Haven die beiden Duo-Liveaufnahmen "In Concert At Yale University, Volume 1" (SRP, 1966) und "Nommo (Volume 2)" (SRP, 1967) ein. Beide Alben wurden Sammlerstücke. Obwohl die Originaltonbänder verloren gingen, wurden die Aufnahmen mit Hilfe von vorhandenen LPs während zehn Jahren restauriert und unter dem Titel "The Complete Yale Concert, 1996" (Corbett vs. Dempsey, 2020) wieder veröffentlicht.


Danach verdiente sich Pullen seinen Lebensunterhalt eine Zeitlang als Sideman. Er war Pianist bei Nina Simone (1970/1971), bei Charles Williams (1971/1972), bei Art Blakey (1974) und als Jaki Byard-Nachfolger bei Charles Mingus (1973-1975). Pullen ist auf den Mingus-LPs "Mingus Moves" (Atlantic, 194), "Mingus At Carnegie Hall" (Atlantic, 1975) sowie "Changes One/Changes Two" (Atlantic, 1975) zu hören.


Pullen gehörte 1979 für die LP "Chair In The Sky" (Elektra, 1979) kurz auch zur Mingus Dynasty und machte Aufnahmen mit dem italienischen Altsaxophonisten Mario Schiano. Vor allem mit George Adams (ts), der zur selben Zeit bei Mingus spielte und den Pullen seinerzeit an Mingus weiterempfohlen hatte, verband Pullen eine langjährige Freundschaft.


Die beiden Musiker hatten schon in jüngeren Jahren in Atlanta zusammengespielt. Noch vor der Gründung des George Adams/Don Pullen Quartets entstanden im März und Juli 1975 in Rom mit David Williams (b) und Dannie Richmond (dm) zwei Quartett-LPs, die je unter dem Namen von Pullen bzw. Adams unter den Titeln "A Confronto 21 bzw. 22" (beide Horo, 1975) herauskamen.


Bei den Sessions wurden vom selben Musikerkreis weitere Aufnahmen gemacht. "A Confronto 25" (Horo, 1976) hiess eine LP, die unter dem Namen von Dannie Richmond erschien und den Schlagzeuger in Begleitung von Pullen, Adams, Jack Walrath (tp), Irio de Paula (g), David Friesen (b) und Alfonso Vielra (perc) zeigte.


"Suite For Swingers" (Horo, 1976) erschien unter dem Namen von George Adams und zeigte ihn in Begleitung von Pullen, Friesen, Richmond und Vielra. Im Oktober 1975 nahm Pullen mit Sam Rivers (ts, ss) als Co-Leader sowie mit Alex Blake (b) und Bobby Battle (dm) "Capricorn Rising" (Black Saint, 1976) auf.


In verschiedenen Besetzungen mit unter anderem mit George Adams (ts, ss, bcl, fl), Michael Urbaniak (vio), Randy Brecker und Hannibal Marvin Peterson (tp) entstand "Tomorrow's Promises" (Atlantic, 1977). Dabei spielte Pullen auch ein E-Piano und ein Cembalo. Mit Chico Freeman (ts), Fred Hopkins (b) und Bobby Battle (dm) wurde im April 1978 "Warriors" (Black Saint, 1978) eingespielt.


Von Pullen existieren mehrere Soloaufnahmen: Die erste war "Solo Piano Album" (Sackville, 1975) und entstand im Februar 1975 in Toronto. Sie wurde später als "Richard's Tune" (Sackville, 2014) wieder veröffentlicht. Die zweite Solo-LP "Five To Go" (Horo, 1976) entstand im Rahmen der erwähnten "Horo"-Sessions im Juli 1975 in Rom.


"Healing Force" (Black Saint, 1976) wurde im Oktober 1975 in New York aufgenommen, nur wenige Tage nach einer Quartettsessions mit Sam Rivers. Bei einem Auftritt in Montreux am 12. Juli 1977 wurde "Montreux Concert" (Atlantic, 1978) mitgeschnitten. "Evidence Of Things Unseen" (Black Saint, 1984) wurde im September 1983 in New York eingespielt und "Plays Monk" (Paddle Wheel, 1985) stammte vom Oktober 1984.


Im Dezember 1978 war er in Mailand mit Famoudou Don Moye (dm, perc) vom Art Ensemble Of Chicago ins Studio gegangen, um "Milano Strut" (Black Saint, 1979) einzuspielen. Im Juli 1979 gesellte sich dann für "The Magic Triangle" (Black Saint, 1980) mit Joseph Jarman (fl, ts, ss, cl) ein zweites Art Ensemble-Mitglied dazu.


"The Sixth Sense" (Black Saint, 1985) war eine Aufnahme des Don Pullen Quintets vom Juni 1985 mit Olu Dara (tp), Donald Harrison (as), Fred Hopkins (b) und Bobby Battle (dm). Erstaunlicherweise war Pullen erst am Schluss seiner Karriere, das heisst mit seinem Wechsel zu "Blue Note", als Leader von Piano/Bass/Drum-Trios zu hören.


"New Beginnings" (Blue Note, 1989) hiess sein Zusammentreffen mit Gary Peacock (b) und Tony Williams (dm) vom Dezember 1988, gefolgt von "Random Thoughts" (Blue Note, 1990) vom März 1990 mit James Genus (b) und Lewis Nash (dm).


Bei "Blue Note" konnte er mit The African Brazilian Connection ein neues Bandprojekt auf die Beine stellen. Seine engsten Mitmusiker dabei waren Carlos Ward (as) und Nilson Matta (b). Auf "Kele Mou Bana" (Blue Note, 1992) und auf "Ode To Life" (Blue Note, 1993) gehörten zudem Guilherme Franco (perc) und Mor Thiam (perc, vcl) zur Gruppe.


Auf "Live Again–Live At Montreux" (Blue Note, 1994) mit Liveaufnahmen von The African Brazilian Connection spielte anstelle von Franco neu J.T. Lewis (dm). Ward, Thiam und Lewis bildeten mit Joseph Bowie (tb), Santi Debriano (b) und mehreren Sängerinnen und Sängern auch die Begleitgruppe auf Pullens letzter Aufnahme "Sacred Common Ground" (Blue Note, 1995) mit Aufnahmen vom März 1995.


Don Pullen starb wenig später, am 22. April 1995, 53-jährig in East Orange, New Jersey. "Long Goodbye - A Tribute To Don Pullen" (Bellaphon, 1997) war eine Hommage-CD des David Murray Quartetts, das in der Besetzung Murray (ts, bcl), D.D. Jackson (p), Santi Debriano (b) und J.T. Lewis (dm) zu hören war.


"The Best Of Don Pullen - The Blue Note Years" (Blue Note, 1997) hiess eine Compilation mit Stücken aus seiner letzten Phase als Musiker vor seinem Tod. Die "Blue Note"-Alben "Breakthrough" und "Song Everlasting" des George Adams/Don Pullen Quartets sowie "New Beginnings" und "Random Thoughts" des Don Pullen Trios wurden zudem später im Rahmen der Reihe "Mosaic Select" in Form eines 3-CD-Sets (Mosaic, 2005) wieder veröffentlicht.


1991 war Don Pullen Gast des Art Ensembles Of Chicago gewesen. "Fundamental Destiny: Live At The Frankfurt Germany Jazz Festival, June 1st, 1991" (AEOC, 2007) erschien erst 16 Jahre nach einem Konzert in Deutschland.


Die erwähnten Alben "Capricorn Rising", "Healing Force", "Warriors", "Milano Strut", "The Magic Triangle", "Evidence Of Things Unseen" und "The Sixth Sense" für die italienischen Schwesterlabel "Black Saint" und "Soul Note" wurden unter dem Titel "Complete Black Saint-Soul Note Recordings" (Black Saint und Soul Note, 2012) im Rahmen eines 7-CD-Sets gemeinsam wieder veröffentlicht.


Pullen ist ferner auf Aufnahmen von Beaver Harris, Billy Hart, Marcello Melis, Herbie Mann, Hamiet Bluiett, Cecil McBee, Sunny Murray, Jane Bunnett, Kip Hanrahan, Roy Brooks, Maceo Parker, Paul Haines, Bill Crosby, Ivo Perelman und John Scofield zu hören. Er war auch Mitglied der Low Class Conspiracy von David Murray und der Allstar-Saxophonisten-Gruppe Roots.

05/23

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