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Eric Dolphy

Amerikanischer Altsaxophonist, Flötist, Bassklarinettist, Komponist und Bandleader, geboren am 20. Juni 1928 in Los Angeles, California, als Sohn panamesischer Einwanderer. Er begann mit sechs Jahren Klarinette zu spielen und war schon bald Mitglied im Schulorchester. Nachdem er via Fats Waller, Duke Ellington und Coleman Hawkins den Jazz entdeckt hatte, fing er an Saxophon und Flöte zu spielen.


Am Los Angeles City College leitete er dessen Orchester. Er spielte in lokalen Big Bands, die von Gerald Wilson und Roy Porter geleitet wurden. Als Mitglied von Roy Porter's Seventeen Beboppers kam Dolphy Ende 1948/Anfang 1949 zu ersten Aufnahmen. In dieser Big Band spielten neben Dolphy und anderen Musikern auch Art Farmer (tp) und Jimmy Knepper (tb).

 

Ebenfalls noch 1949 war er als Mitglied der Gruppe Charlie Mingus & His 22 Piece Be Bop Band im Studio. Mingus wurde später einer der Bandleader, mit dem Dolphy lange zusamenarbeitete. Dann klafft in Dolphys Biografie bzw. Diskografie eine fast 10-jährige Lücke. Erst ab 1958 lässt sich seine musikalische Karriere weiterverfolgen.

 

In jenem Jahr wurde Eric Dolphy vom Bandleader und Schlagzeuger Chico Hamilton in dessen Bands geholt. 1960 zog Dolphy als Freelancer nach New York City, wo er während des ganzen Jahres ein ausserordentlich gesuchter Musiker war. Zuerst begleitete er die Sängerin Ruth Brown und als Mitglied des Sy Oliver Orchestras Sammy Davis junior.


Am 1. April 1960 kam Dolphy in New York zu seinen ersten Aufnahmen unter eigenem Namen. Mit Freddie Hubbard (tp), Jaki Byard (p), George Tucker (b) und Roy Haynes (dm) entstand die LP "Outward Bound" (New Jazz, 1960). Ein weiterer Track dieser Session ohne Hubbard, ein Solotrack und ein Quintett-Track mit Mal Waldron (p), Booker Little (tp), Richard Davis (b) und Ed Blackwell (dm) von einem Auftritt im Club "Five Spot" in New York City vom 16. Juli 1961 wurden später unter dem Titel "Here And There" (Prestige, 1966) zusammengefasst.

 

Vom Frühling 1960 gehörte Eric Dolphy verschiedenen Formationen von Charles Mingus an. Dazu machte er Aufnahmen als Mitglied des Oliver Nelson Sextets, der Eddie "Lockjaw" Davis Big Band, des Gary McFarland Orchestras mit John Lewis, der Jazz Artists Guild, der Begleitband von Abbey Lincoln, des Ted Curson Quintets, des George Russell Sextets, des Ron Carter Quintets sowie des Mal Waldron Sextets.

 

Am 28. Juni 1960 war er mit Ken McIntyre (as, fl), Walter Bishop jr. (p), Sam Jones (b) und Art Taylor (dm) im Studio. Dabei entstand die LP "Looking Ahead" (New Jazz, 1960), bei der allerdings Ken McIntyre der Leader zu sein schien, obwohl Dolphys Namen ebenfalls gross auf dem Cover stand.

 

"Out There" (New Jazz, 1960) mit Aufnahmen vom 15. August 1960 mit Ron Carter (cello), George Duvivier (b) und von Roy Haynes (dm) war sein zweites Album unter eigenem Namen. Im Dezember 1960 war Dolphy innerhalb von nur zwei Tagen bei drei wichtigen Aufnahmen des Jazz dabei.

 

Am 20. Dezember 1960 spielte er als Mitglied des Orchesters von Gunter Schuller die Third Stream-LP "Jazz Abstraction" (Atlantic, 1961) ein. Nur einen Tag später gehörte er zum Doppelquartetts von Ornette Coleman, das "Free Jazz!" (Atlantic, 1961) aufnahm.  Noch am selben Tag kam es zu Aufnahmen von Dolphy mit dem aus Memphis stammenden Trompeter Booker Little als Co-Leader.

 

Mit Jaki Byard (p), Ron Carter (b) und Roy Haynes (dm) spielten die beiden Musiker die LP "Far Cry" (New Jazz, 1962) ein. Eric Dolphy war bis zu Littles Tod im Oktober 1961 immer auch Mitglied der Gruppen, mit denen Booker Little Aufnahmen machte.

 

Am 16. Juli 1961 trat das Eric Dolphy-Booker Little Quintet mit Mal Waldron (p), Richard Davis (b) und Ed Blackwell (dm) im New Yorker Club "Five Spot" auf. Die Liveaufnahmen kamen später in mehreren Zusammenstellungen und bei verschiedenen Labels heraus. Als Originale gelten "At The Five Spot, Volume 1" (Prestige, 1961) und "At The Five Spot, Volume 2" (Prestige, 1963). Der dritte Teil wurde als "Memorial Album Recorded Live At The Five Spot" (Prestige, 1965) herausgebracht.

 

25 Jahre später liessen die beiden so genannten "Young Lions" Donald Harrison (as, bcl) und Terence Blanchard (tp) die "Five Spot"-Sessions im New Yorker Club "Sweet Basil" mit Hilfe der damaligen Rhythmus-Section Waldron, Davis und Blackwell wieder aufleben. "Eric Dolphy & Booker Little Remembered Live At Sweet Basil" (Paddle Wheel und King, 1987) kam ebenfalls in mehreren Tranchen auf den Markt.

 

Am 23. Mai 1961 begann Dolphys Zusammenarbeit mit John Coltrane. An jenem Tag war Dolphy Mitglied des John Coltrane Orchestras, als dieses "Africa/Brass" (Impulse!, 1961) aufnahm. Dolphy war nicht nur in seiner Funktion als Musiker dabei, sondern auch als Arrangeur. Die Session warf so viel Material ab, dass später mit "The Africa Brass Sessions, Vol. 2" (Impulse!, 1974) ein weiteres Album gefüllt werden konnte.

 

Mit Dolphy verstand sich Coltrane so gut, dass er bei weiteren Aufnahmen zu seinem "alter ego" wurde. Nur zwei Tage nach der "Africa/Brass"-Aufnahmen stand Dolphy mit Coltrane als Leader sowie mit Freddie Hubbard (tp), McCoy Tyner (p), Art Davis oder Reggie Workman (b) sowie Elvin Jones (dm) erneut im Studio, um als John Coltrane Septet "Olé Coltrane" (Atlantic, 1961) aufzunehmen.

 

Darauf wurde Dolphy als George Lane aufgeführt. Dieses Pseudonym hatte er schon auf einer Aufnahme von 1957 mit Chico Hamilton verwendet. Im Winter 1961/62 ging Eric Dolphy mit dem Coltrane Quintett auf eine ausgedehnte Europa-Tournee. Bei der Gelgenheit entstanden viele später veröffentlichte Live-Aufnahmen.

 

Im Spätsommer/Herbst 1961, nach Aufnahmen mit einem Nonett bzw. Oktett um Max Roach für "Percussion Bitter Sweet" (Impulse!, 1961), ging Dolphy als Leader auf eine Europa-Tournee. Dabei griff er meist auf europäische oder in Europa lebende US-Musiker zurück. Auch von diesen Konzerten erschienen viele Mitschnitte, teils Bootlegs.

 

Nach einem Auftritt mit John Coltrane am Monterey Jazz Festival am 22. September 1961 war er drei Tage später bereits wieder in Europa, wo weitere Auftritte mitgeschnitten wurden. Anfang November 1961 trat Dolphy als Mitglied mehrere Formationen um John Coltrane im New Yorker Club "Village Vanguard" auf.

 

Neben der LP "Live At The Village Vanguard" (Impulse, 1962) kamen später weitere Aufnahmen des mehrere Abende dauernden Clubengagements heraus. Danach war das John Coltrane Quintett mit Dolphy, McCoy Tyner (p), Reggie Workman (b) und Elvin Jones (dm) rund zwei Wochen lang in Europa auf Tournee.

 

Auch dabei wurden mehrere Aufnahmen mitgeschnitten und auf diversen halb- oder inoffiziellen Schallplatten herausgebracht. Den besten Überblick geben die beiden Doppel-CDs "So Many Things The European Tour 1961 Vol. 1" (beide Solid, 2018) mit Stücken von Auftritten in Paris, Kopenhagen, Helsinki und Stockholm.

 

Am 1. Dezember 1961 trat Dolphy in München als Leader mit McCoy Tyner (p), Reggie Workman (b) und Mel Lewis (dm) auf. Auch von diesem Konzert existieren mehrere Bootleg-Aufnahmen. Am 10. März April 1962 folgten die ersten Aufnahmen für Dolphy's Third Stream-nahe LP "Vintage Dolphy" (GM, 1986), die erst später auf dem Label von Gunter und Ed Schuller erschien.

 

Darauf ist Eric Dolphy im Quintett mit Barry Galbraith (g), Chuck Israels und Art Davis (beide b) sowie Stick Evans (dm) zu hören. Für die mehrteilige Komposition "Variants On A Theme By Thelonious Monk", die auch auf der Schuller-LP "Jazz Abstractions" mit Dolphy und Ornette Coleman zu finden ist, wurde das Quintett mit einem Streichquartett sowie einem Flötisten ergänzt.

 

Diese fünf Musiker nannten sich The Syracuse Friends Of Chamber Music. Die Aufnahmen wurden ergänzt mit Konzert-Mitschnitten von Auftritten von Dolphy 1963 in der "Carnegie Hall" in New York mit seinem Ensemble The Twentieth-Century Innovations. Dieses bestand beim ersten Auftritt am 14. März 1963 neben Dolphy aus Gloria Agostini (harp), Warren Chiasson (vibes) und Richard Davis (b) bzw. in einem anderen Stück aus Jim Hall (g), Richard Davis und Barre Phillips (b), Sticks Evans (dm) und einem Streichquartett.

 

Am 18. April 1963 entstanden am selben Ort in zwei unterschiedlichen Besetzungen zwei weitere Tracks für "Vintage Dolphy". Der eine wurde mit Edward Armour (tp), Richard Davis (b) und J.C. Moses (dm) aufgeführt, der zweite mit Phil Woods (as), Benny Golson (ts), Don Ellis und Nick Travis (tp), James Knepper (tb), Lalo Schifrin (p), Jim Hall (g), Barre Phillips (b) und Charlie Persip (dm).

 

Ein weiteres Dolphy-Album, das in Richtung Third Stream zielte, erschien nach seinem Tod. Es war dies "Other Aspects" (Blue Note, 1987) mit diversen experimentellen Stücke, die Dolphy zwischen 1960 und 1962 aufgenommen hatte. Das erste war ein Trio-Stück vom 8. Juli 1960 mit Roger Mason (tambura) und Gina Lalli (tabla). Danach folgten im November 1960 mehrere Duo-Stücke mit Ron Carter (b).

 

Ergänzt wurde das Album durch Liveaufnahmen vom 1. oder 2. März 1964, als Dolphy in Ann Arbour, Michigan, mit Bob James (p), Ron Brooks (b), Bob Pozar (dm, perc) und David Schwartz (vcl) auftrat. Die von Hal Smith gehüteten Bänder kamen erst viel später dank James Newton an die Öffentlichkeit.

 

Am 7. Oktober 1962 war Dolphy zusammen mit Herbie Hancock (p), Ed Armour (tp, flh), Richard Davis (b) und mit Edgar Bateman (dm) im "Gaslight Inn" in New York aufgetreten. Das Konzert wurde damals von einer Radiostation übertragen und, wie weitere Mitschnitte von Auftritten Dolphy in jener Zeit,  auf Bootleg-Alben herausgebracht.

 

Bis zur nächsten regulären Dolphy-Aufnahme "Out To Lunch" (Blue Note, 1964), die am 25. Februar 1964 zusammen mit Freddie Hubbard (tp), Bobby Hutcherson (vib), Richard Davis (b) und Tony Williams (dm) eingespielt wurde, war Dolphy bei diversen Sessions als Sideman tätig. Er war auch bei Charles Mingus' selbst organisiertem "Town Hall"-Konzert dabei.

 

Im April 1964 ging Eric Dolphy mit Charles Mingus auf eine längere Europa-Tournee, bei der, wie damals bei den Auftritten im John Coltrane Quintet, mehrere Live-Alben entstanden und veröffentlicht wurden. Nach der Tournee blieb Dolphy in Europa.

 

Er spielte Ende Mai mit dem Kenny Drew Trio in Paris oder am 1. bzw. 2. Juni mit Misha Mengelberg (p), Jacques Schols und Han Bennink (dm) in Eindhoven und Hilversum. Diese Aufnahmen kamen als "Last Date" (Fontana, 1964) heraus und galten während längerem als letztes Dokument von Dolphy.

 

Seine wirklich letzten Aufnahmen sind vom 11. Juni 1964 datiert und entstanden mit Donald Byrd (tp), Nathan Davis (ts), Jack Diéval (p), Jacques Hess (b), Franco Monzecci (dm) und Jacky Bambou (perc) im "Le Chat qui Pêche"-Club in Paris. Sie kamen unter dem Titel "Unrealized Tapes" (West Wind, 1988) bzw. als "Last Recordings" (DIW, 1988) oder als "Paris '64" (Hi Hat, 2018) heraus.

 

Am 27. Juni 1964 trat er mit dem Trio von Karl Berger in Berlin auf. Er erlitt während des Konzerts einen Zusammenbruch und wurde in ein Spital in Wilmersdorf eingeliefert. Dort starb er zwei Tage später aufgrund von Komplikationen einer bis dahin nicht diagnostizierten Diabetes-Erkrankung im Alter von 36 Jahren.

 

Von Dolphy erschienen im Nachhinein neben den erwähnten Studio- und Liveaufnahmen eine ganze Reihe von weiteren Alben. Umfangreichere Compilations waren die 9-CD-Box "The Complete Prestige Recordings" (Prestige, 1995), die bunt zusammengewürfelte Triple-CD "75th Birthday Celebration" (ZYX Music und Fantasy, 2003), die 4-CD-Box "Seven Classic Albums" (Real Gone, 2013) und die 6-CD-Box "Twelve Classic Albums" (Enlightement, 2015).

 

Seine Aufnahmen mit Chico Hamilton wurden unter dem Titel "Complete Studio Recordings" (Phono, 2016) auf einer Triple-CD zusammengefasst. 

07/24

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