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Erwin Schulhoff

Deutsch-Böhmischer Komponist und Pianist, geboren am 8. Juni 1894 in Prag im damaligen Österreich-Ungarn. Er war der Urgrossneffe des mit Chopin befreundeten Klavierkomponisten Julius Schulhoff. Durch eine Empfehlung von Antonín Dvořák konnte er bereits siebenjährig den Klavierunterricht bei Jindrich Kaan aufnehmen und mit zehn Jahren ins Prager Konservatorium eintreten.



Seine pianistische Ausbildung bei Willi Thern in Wien, Robert Teichmüller in Leipzig und Carl Friedberg und Lazzaro Uzielli in Köln verband der auch kompositorisch frühreife Knabe mit Studien bei Max Reger. Den Ersten Weltkrieg überstand Schulhoff als Angehöriger des österreichischen Heeres mit Handverletzungen und Erfrierungen in Ostgalizien und Norditalien.

 

Dann wirkte er als Klavierlehrer in Saarbrücken und als freischaffender Musiker in Berlin. 1919 siedelte er mit seiner Schwester Viola nach Dresden über und bewohnte mit ihr ein Atelier. Im Dresden lernte er zahlreiche Künstler, unter ihnen auch George Grosz, kennen, der ihn mit der Dada-Bewegung in Berührung brachte. Vor diesem Hintergrund entstand 1919 der Klavierzyklus "Fünf Pittoresken" mit der nur aus Pausen bestehenden Komposition "In Futurum".

 

1924 nach Prag zurückgekehrt, setzte er sich als Konzertveranstalter und Pianist rückhaltlos für die Wiener Schule ein und unternahm ausgedehnte Konzertreisen nach Salzburg, Venedig, Genf und Oxford mit Werken der damaligen Avantgarde. Schulhoff interessierte sich für alle radikalen Richtungen der Avantgarde, für Dadaismus und Jazz.

 

Fasziniert vom Jazz spielte er im Jazzorchester des Prager Theaters mit und komponierte für dieses unter dem Pseudonym Petr Hanus. Er setzte sich für die Vierteltonmusik Alois Hábas ein und liess sich nacheinander oder parallel von Impressionismus, Expressionismus und Neoklassizismus beeinflussen. Schulhoff vertonte 1932 das Manifest der Kommunistischen Partei in Form einer Kantate.

 

Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten konnte Schulhoff als Jude seine Karriere in Deutschland nicht fortsetzen. Seine Werke wurden als "entartete Musik" aufgelistet und die für Berlin geplante Erstaufführung seiner Oper "Flammen" wurde verboten. In Prag konnte er sich mit Bearbeitungen für das Radio nur noch den allernötigsten Lebensunterhalt verdienen.

 

Von 1933 bis 1935 spielte er im Orchester von Jaroslav Ježek im Theater Osvobozené divadlo in Prag und bis zur Besetzung der Tschechoslowakei 1939 auch im Radio Ostrava. Nachher konnte er in Ostrau nur unter einem Pseudonym als Jazz-Pianist überleben. In den 1930er Jahren vollzog Schulhoff eine künstlerische Wende.

 

Hatte er sich noch in den 1920er Jahren auf die Adaption von Jazz-Rhythmen und Modetänzen mit traditionellen Musikformen und einer atonalen Harmonik verstanden, wandte sich das spätere Schaffen der Ästhetik des Sozialistischen Realismus zu. Er wollte für die kommunistische Weltrevolution kämpfen und mit seiner Familie in die Sowjetunion übersiedeln.

 

Er schrieb Kampflieder und widmete Kompositionen den spanischen Freiheitskämpfern. Nachdem er im Mai 1941 die sowjetische Staatsbürgerschaft erhalten und am 13. Juni die gültigen Einreisepapiere in Händen hatte, begann am 22. Juni der deutsche Überfall auf die Sowjetunion.

 

Tags darauf wurde er in Prag interniert und in das Lager für Bürger anderer Staaten auf der Wülzburg bei Weissenburg, Bayern, deportiert, wo er am 18. August 1942 48-jährig an Tuberkulose starb. Seine Werke sind auf über 100 Schallplatten verewigt. Einige dieser LPs oder CDs umfassten ausschliesslich Stücke von Schulhoff.               12/23

 

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