Amerikanischer Baritonsaxophonist, Komponist, Arrangeur und Bandleader, geboren am 6. April 1927 in New York als Gerald Joseph Mulligan. Er wuchs in Philadelphia auf und war vor allem als Baritonsaxophonist tätig, spielte auch Piano, Sopran-, Alt- und Tenorsax sowie Klarinette.
Seine Karriere begann 1944 in Washington D.C. bei Johnny Warrington, Tommy Tucker und George Paxton. 1946 zog er nach New York City, wo er in der Band von Gene Krupa arbeitete. Später griffen auch Bandleader wie Elliot Lawrence, Stan Kenton und Claude Thornhill auf seine Talente als Komponist, Arrangeur und Musiker zurück.
Bigband-Aufnahmen aus den Jahren 1946, 1947, 1949 und 1957 mit Arrangements von Gerry Mulligan wurden später auf der LP "The Arranger" (Columbia, 1977) zusammengefasst. Zwischen 1948 und 1950 spielte Mulligan eine zentrale Rolle im Nonett des Trompeters Miles Davis.
In dieser Formation wollte Davis die bei Charlie Parker erworbenen Kenntnisse zusammen mit eigenen Theorien in die Tat umzusetzen. Mulligan half ihm dabei vor allem als Arrangeur, aber auch als Komponist und Musiker. Mit "Jeru", "Venus de Milo" und "Rocker" schrieb er drei der wichtigsten Kompositionen für dieses Ensemble.
Neben wenigen Engagements 1948/1949 in zwei New Yorker Clubs entstanden zwischen Januar 1949 und März 1950 bei drei Sessions Aufnahmen jener 12 Stücke, die zuerst teilweise als Singles und als LP unter dem sinnigen Titel "The Birth Of The Cool" (Capitol, 1956) veröffentlicht wurden.
Unter dem Titel "The Complete Birth Of The Cool" (Capitol, 1998) kamen die "Capitol"-Studioaufnahmen von 1949 und 1950 zusammen mit vorher als "Pre Birth Of The Cool'49" (Jazz Live, 1949) veröffentlichten Liveaufnahmen des Orchesters von 1948 im New Yorker Club "Royal Roost" auf den Markt.
Im Sommer 1991 begann Mulligan eine moderne Fassung der "Birth Of The Cool"-Aufnahmen zu planen. Miles Davis sagte zu, verstarb aber kurz darauf. Er wurde durch Wallace Rooney ersetzt. Daneben sind auf den im Januar 1992 entstandenen Aufnahmen "Re-Birth Of The Cool" (GRP, 1992) neben anderen die Orginalmitglieder John Lewis (p) und Bill Barber (tuba) zu hören.
Bis zu den "Birth Of The Cool"-Aufnahmen war Mulligan vor allem als Arrangeur und Komponist aufgefallen, weniger als Musiker. Dies begann sich ab 1951 zu ändern. Mulligan stellte nach dem Vorbild von Miles Davis mit relativ unbekannten Musikern, darunter Max McElroy als zweiten Baritonsaxophonisten, ein Nonett zusammen.
Die Aufnahmen kamen aber erst fünf Jahre später unter dem Titel "Mulligan Plays Mulligan" (Prestige, 1956) heraus. Ende 1951/Anfang 1952 liess sich Mulligan in Los Angeles nieder, wo er mit Chet Baker (tp) einen kongenialen Partner kennenlernte. Ihr pianoloses Quartett mit Bob Whitlock, Carson Smith, Joe Mondragon oder Henry Grimes (b) sowie Chico Hamilton, Larry Bunker oder Dave Bailey (dm) als Begleiter entstand aus einem Zufall heraus.
Am 10. Juni 1952 sollte die Mulligan/Baker-Gruppe zusammen mit Jimmy Rowles (p) für das neugegründete Label "Pacific" ins Studio gehen. Da Rowles nicht auftauchte, wurde die Session zu viert durchgeführt. Die einzigen Pianoklänge, die auf diesen Aufnahmen während der Basssoli zu hören sind, stammen von Mulligan selber.
Eine andere Geschichte besagt, dass im Studio kein Piano zur Verfügung stand, so dass Baker/Mulligan ohne Pianisten auskommen mussten. Später gingen Mulligan und Baker mit Jimmy Rowles (p) und Joe Mondragon (b), dafür ohne Schlagzeuger ins Studio. Dazu war Mulligan während dieser Zeit häufig Gastmusiker des ebenfalls pianolosen Red Norvo Trios.
Während der Zeit an der Westküste leitete Mulligan auch eine grössere Gruppe, das Tentette, von dem 1953 einige kürzere Schallplatten erschienen. Das Wirken von Mulligan für das Label "Pacific" bzw. mit Chet Baker wurde auf der 5-LP-Box "Pacific Jazz And Capitol Recordings" (Mosaic, 1983) erstmals dargestellt.
Später kamen das 5-CD-Set "Chet Baker & Gerry Mulligan – The Complete Recordings 1952-1957" (Jazz Dynamics, 2012) sowie sowie die 4-CD-Boxes "The Complete Pacific Jazz Recordings Of The Gerry Mulligan Quartet With Chet Baker" (Pacific, 1996) und "The Pacific Jazz Collection" (Enlightenment, 2016) dazu.
Am 24. November 1974 fand in New York die zweite Reunion der beiden Musiker statt. Der Auftritt mit Bob James (key), Ron Carter (b), Harvey Mason (dm), John Scofield (g), Dave Samuels (vibes, marimba) und Eddie Byrne (tb) wurde für "Carnegie Hall Concert" (CTI, 1975) mitgeschnitten und auf zwei LPs bzw. einer Doppel-LP herausgebracht.
1953 hatte Gerry Mulligan das Quartett wegen einer mehrmonatigen Gefängnisstrafe aufgrund von Drogenmissbrauch auflösen müssen. Als Mulligan auf die Szene zurückkehrte, musste er festellen, das Baker sich inzwischen mit anderen Musikern zusammengetan hatte und selber ein Star geworden war.
Zurück in New York formierte Mulligan 1954 mit Bob Brookmeyer (v-tb) ein pianoloses Quartett, in dem die beiden Co-Leader aber dennoch selber manchmal in die Tasten griffen. 1955/1956 baute Mulligan dieses Quartett zu einem Sextett aus. Diesem gehörten Zoot Sims (ts), Jon Eardley oder Don Ferrara (tp), Bob Brookmeyer (tb), Peck Morrison oder Bill Crow (b) sowie Dave Bailey (dm) an.
Diese Formation veröffentlichte auf "EmArcy" die drei Alben "Presenting The Gerry Mulligan Sextet", "A Profile Of Gerry Mulligan" und "Mainstream Of Jazz". 1958/1959 folgten weitere pianolose Quartettalben. Nach Chet Baker suchte Mulligan immer wieder nach ihm ebenbürtigen musikalischen Partnern. Dabei kam es zu Begegnungen mit Paul Desmond (as), Thelonious Monk (p), Stan Getz (ts), Ben Webster (ts), Johnny Hodges" (ts) und Astor Piazzolla (band).
Dazu leitete Mulligan ein aus den Saxophonisten Lee Konitz (as), Zoot Sims (ts), Allen Eager (ts), Al Cohn (ts, bars) und ihm plus Rhythmusgruppe gebildetes Oktett sowie seine Concert Jazz Band. Nach der Auflösung der CJB 1962 war er eine Weile lang im Rahmen von kleineren Combos tätig.
Von Mitte der 1960er bis Anfang der 1970er Jahre verschwand Mulligan einige Jahre in der Versenkung. Sein Comeback-Album hiess "Age Of Steam" (A&M, 1972) und wurde mit Tom Scott (ts, ss), Bud Shank (as, fl), Bob Brookmeyer (tb), Harry "Sweets" Edison (tp) und anderen aufgenommen. Im selben Jahr war Mulligan Gast des Dave Brubeck Quartets.
Gerry Mulligan starb am 19. Januar 1996 in seinem Haus in Darien, Connecticut. Er ist auf fast 900 Schallplatten zu hören. Er veröffentlichte über 100 Alben unter seinem Namen. Dazu kamen Aufnahmen unter Gruppennamen wie Gerry Mulligan & The Concert Jazz Band, Gerry Mulligan All Stars, Gerry Mulligan And His Orchestra, Gerry Mulligan And His Sextet oder Gerry Mulligan And The Jazz Combo.
Andere Gruppen hiessen Gerry Mulligan And The Sax Section, Gerry Mulligan Art Farmer Quartet, Gerry Mulligan Group, Gerry Mulligan New Stars, Gerry Mulligan Octet, Gerry Mulligan Quartet, Gerry Mulligan Quintet, Gerry Mulligan Septet, Gerry Mulligan Tentette, Gerry Mulligan's Jam Session, Gerry Mulligan's New Sextet, Jazz Giants 1958, Mulligan Mania oder The New Gerry Mulligan Quartet,.
Sein Schaffen wurde auf über 150 Compilations dargestellt. Neben den bereits erwähnten kamen einige weitere Boxsets heraus. Aus je vier CDs bestanden "Jeru" (Proper, 2005), "My Funny Valentine" (Membran, 2005), "Eight Classic Albums" (Real Gone, 2012), "Vol. 2 Seven Classic Albums" (Real Gone, 2014) und "The Rare Albums Collection" (Enlightenment, 2017).
Dazwischen hatte "Kind Of Mulligan" (House Of Jazz und T2, 2011) zehn CDs umfasst. 04/24