Georgischer Komponist, geboren am 10. August 1935 in Tiflis, der damaligen Hauptstadt der Georgischen Sozialistischen Sowjetrepublik. Er studierte Geologie, bevor er 1959 an das Staatliche Konservatorium Tiflis wechselte. Dort studierte er bei Ilia Tuskia Komposition. Anschliessend arbeitete er als freischaffender Komponist, komponierte Film- und Bühnenmusik. Ab 1966 arbeitete er mit Robert Sturua, dem Chefregisseur des Staatlichen Akademischen Rustaweli-Theaters in Tiflis.
Aufsehen erregte seine Musik für eine moderne Shakespeare-Inszenierung. 1971 wurde er musikalischer Leiter der Bühne. Von 1971 bis 1978 arbeitete er als Lehrer für Komposition am Staatlichen Konservatorium Tiflis. Von 1984 bis 1989 war er Vorsitzender der Georgischen Komponistenunion. 1991 verliess Kantscheli Georgien. Seither lebt er in Westeuropa.
Zwischen 1991 und 1992 wohnte er auf Einladung des Deutschen Akademischen Austauschdienstes in Berlin. 1995 wechselte er als Komponist zur Königlich Flämischen Philharmonie nach Antwerpen. Seit 1996 lebt er in Belgien. Kantscheli komponierte in seiner Studentenzeit Pop und Chansons. Zwischen 1967 und 1986 schrieb er sieben Sinfonien und erwarb sich den Ruf eines Avantgardisten.
Die Oper "Musik für die Lebenden" wurde 1984 in Tiflis uraufgeführt. Er komponierte Musik für zahlreiche Filmen und Theaterstücke. In frühren Jahren komponierte er vor allem unter dem Einfluss von Béla Bartók sowie beeinflusst von der transkaukasischen Folklore. Seine Werke verbinden moderne Elemente wie Cluster mit archaisierenden Melodiebögen und weisen meistens eine Atmosphäre auf, die von tiefer Trauer geprägt ist.
In neueren Arbeiten, wie etwa in seinen sieben Sinfonien, entfernte sich Kancheli immer weiter von den traditionalistischen Elementen. Im Zuge seiner Begegnung mit dem Westen vereinfachte er seine Tonsprache. Kanchelis Einfachheit ist geprägt von starken Expressionsgesten in Form von Ausbrüchen. Auf der anderen Seite bewegen sich Kanchelis Werke oftmals auch in kaum hörbaren Bereichen.
Von Kancheli erschienen eine ganze Reihe von Aufnahmen. Vor allem das deutsche Label "ECM New Series" veröffentlichte ab 1992 mehrere Aufnahmen, viele mit Dennis Russell Davies (conduction), Kim Kashkashian (viola), Gidon Kremer (vio) oder Maacha Deubner (soprano) als Ausführende. Die erste CD (1992) teilte er sich mit Alfred Schnittke. Kanchelis Beitrag war "Vom Winde beweint" (1990), eine Liturgie für grosses Orchester und Solo-Violine.
"Abii ne videren" (1995) enthielt die Werke "Morning Prayers" für Kammerorchester, Stimme und Altflöte (1990), "Abii ne videren" für Streichorchester und Viola (1992-1994) und "Evening Prayers" für Kammerorchester und Stimmen (1991). "Exil" (1995) enthielt das gleichnamige Werk von 1994 für Sopran, Instrumente und Tonband, basierend auf dem Psalm 23 und Gedichten von Paul Celan und Hans Sahl.
Als nächstes kam die CD "Caris Mere" (1997) mit den Stücken "Midday Prayers" (1991) für Soloklarinette und 19 Instrumentalisten, "Caris Mere" (1994) für Sopran und Viola und das Jan Garbarek gewidmete "Night Prayers" (1994) für Sopransaxophon und Streichquartett heraus. Letzteres Stück wurde auch vom Kronos Quartet übernommen. Es bildet den vierten und letzten Teil eines Zyklus', der "Life Without Christmas" heisst.
"Trauerfarbenes Land" (1998) enthielt die gleichnamige Komposition aus dem Jahre 1994 und das Werk "...A La Duduki". Auf "Lament" (1999) fand sich einzig das 42-minütige Titelstück, das den Untertitel "Music Of Mourning In Memory Of Luigi Nono For Violin, Soprano And Orchestra" trug. "Magnum Ignotum" (2000) enthielt das Titelstück und als zweites das Werk "Simi". Auf "Diplipito" (2004) fand sich das Titelstück (1997) und "Valse Boston" (1996).
Auf der CD "In L'Istesso Tempo" (2005) wurden die Werke "Time...And Again", "V & V" und "Piano Quartet In L'Istesso Tempo" veröffentlicht, auf "Little Imber" (2008) das Titelstück (For Small Ensemble, Voice, Children's And Men's Choirs) und "Amao Omi" (For Mixed Choir And Saxophone Quartet). Zum 75. Geburtstag von Giya Kancheli erschien "Themes From The Songbook" (2010) mit Dino Saluzzi (bandoneon), Gidon Kremer (vio) und Andrei Pushkarev (vibes) als Interpreten von insgesamt 20 Einzeltracks.
Auf "Chiaroscuro" (2015) waren Gidon Kremer und Patricia Kopatchinskaja (vio) die Solisten und die Kremerata Baltica das Orchester. Die CD enthielt zwei Werke: "Chiaroscuro" (2010) für Violine und Kammerorchester sowie "Twilight" (2004) für zwei Violinen und Kammerorchester. Werke von Kancheli finden sich auf über 60 Tonträgern. Das deutsche Label "CuGate Classics" veröffentlichte 2020 eine ganze Reihe von Aufnahmen, auf denen das Tbilisi Symphony Orchestra unter Jansug Kakhidze Werke von Kancheli spielt.
Giya Kancheli starb am 2. Oktober 2019 im Alter von 84 Jahren in seiner Geburtsstadt Tiflis. 08/23