Französischer Komponist, geboren am 18. Mai 1901 in Bordeaux als Henri-Pierre Poupart. Er übernahm jedoch den Geburtsnamen seiner Mutter als Künstlernamen. Mit fünf Jahren erhielt er Klavierunterricht, zunächst von seiner Mutter Elisabeth. Später bekam Sauguet Orgelunterricht, unter anderem von Paul Combes, dem Organisten an Nôtre-Dame in Bordeaux.
Im Alter von 15 Jahren wurde er selber Organist an der Kirche Saint-Vincent in Floirac nahe von Bordeaux. Die Kriegszeit verhinderte den geplanten Eintritt in das Konservatorium von Bordeaux. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde der durch seine "Chants d'Auvergne" bekannt gewordene Komponist Joseph Canteloube auf Sauguet aufmerksam.
Er bot ihm Unterricht an und verschaffte ihm eine Stelle als Sekretär bei der Präfektur seines Wohnsitzes Montauban. Sauguet entwickelte selber Interesse an der Volksmusik seiner Heimat, war aber auch von den Zielen der französischen Komponistengruppe Groupe des Six überzeugt.
Nach Bordeaux zurückgekehrt, gründete er dort gemeinsam mit Louis Emié und Jean-Marcel Lizotte die Groupe des Trois, deren erstes Konzert am 12. Dezember 1920 stattfand. Das Konzert begann mit Werken von Komponistenkollegen der Groupe des Six, es folgte Musik von Erik Satie und der Groupe des Trois. Henri Sauguet spielte dabei seinen "Danse nègre" sowie die "Pastorale pour piano".
Auf Einladung von Darius Milhaud ging Sauguet 1921 nach Paris und lernte dort das neueste Werk der Groupe des Six – die gemeinsam erarbeitere Komposition "Les mariés de la Tour Eiffel" – sowie "Pierrot lunaire" von Arnold Schönberg kennen. 1922 übersiedelte er endgültig nach Paris, übernahm dort Gelegenheitsarbeiten und bildete sich vorwiegend autodidaktisch weiter, nahm jedoch auch Privatunterricht bei Charles Koechlin.
1923 begründete er mit den jungen Musikern Henri Cliquet-Pleyel, Roger Désormière und Maxime Jacob die kurzlebige Ecole d'Arcueil. Diese sah Erik Satie gewissermassen als ihren Schutzpatron an und konnte dank dessen Unterstützung am 25. Oktober 1923 im Théâtre des Champs-Elysées ihr erstes Konzert veranstalten.
Einen ersten grösseren Erfolg erlebte Sauguet 1924 mit der Opéra bouffe "Le plumet du Colonel", die zusammen mit Igor Strawinskis "Histoire du soldat" aufgeführt wurde. 1927 schrieb er als Auftragskomposition das Ballett "La chatte". Im gleichen Jahr begann er mit der Arbeit an seiner ersten grossen Oper "La Chartreuse de Parme", die allerdings erst 1936 fertiggestellt wurde.
1934 wurde sein 1. Klavierkonzert mit Clara Haskil als Solistin uraufgeführt. Henri Sauguets zunehmende Erfolge als Komponist ermöglichten ihm 1930 die Aufgabe seiner bisherigen Tätigkeiten bei verschiedenen Firmen und einem Musikverlag. Danach arbeitete er vorwiegend als freischaffender Komponist, und war zeitweilig auch als Musikkritiker und Dirigent tätig.
Neben vielen Stücken für die Bühne waren auch zahlreiche Kompositionen für Filme eine wichtige Einkommensquelle. Nachdem er vorerst vorwiegend durch eher unterhaltsame Ballettmusiken bekannt geworden war, schloss Sauguet kurz danach die ernste "1. Sinfonie" ab, die dem Gedächtnis der Opfer des Zweiten Weltkrieges gewidmet war und den Titel "Symphonie expiatoire" (Sühnesinfonie) trug.
In Zeit danach entstanden zahlreiche weitere Werke, insbesondere für die Bühne, jedoch auch für Film, Radio und Fernsehen. 1976 wurde Sauguet Mitglied der Académie des Beaux-Arts als Nachfolger seines verstorbenen Freundes Darius Milhaud. Henri Sauguet verstarb am 22. Juni 1989 88-jährig.
Sauguets Musik fand den Weg auf mehrere Schallplatten. "Aspect Sentimental" (1957), sein einziges, im Studio von Pierre Schaeffer realisiertes Musique concrète-Werk, wurde für die Compilations "50 Ans De Musique Electroacoustique Au Groupe De Recherches Musicales" (INA-GRM, 2001), "Archives GRM" (INA-GRM, 2004) und auf "Electronic Music: It Started Here..." (Not Now Music, 2016) verwendet.
Musik für Filme waren auf den Compilations "25 Ans De Musique De Cinéma Français" (Disques Cinémusique, 2010) und "Music From The Golden Age Of French Cinema" (Disques Cinémusique, 2010) zu finden. Alfonso Baschiera (g) war Interpret auf "Complete Music For Guitar" (Brilliant Classics, 2016). 03/24