Improvisierendes Grossorchester, geleitet von den beiden Holländern Misha Mengelberg (p) und Han Bennink (dm, perc). Das ICP Orchestra entstand im Laufe der Zeit aus dem 1967 von diesen Musikern mit gegründeten Instant Composers Pool (ICP), der die Interessen der holländischen Improvisations-Szene vertrat und dabei als Selbsthilfeorganisation inklusive Label wirkte.
Mengelberg und Bennink bildeten während Jahrzehnten auch ein Duo, von dem einige Aufnahmen erschienen (siehe Han Bennink in Duoaufnahmen). Nach und nach bauten die beiden Musiker den Kreis ihrer Mitmusiker aus. Die LP "Instant Composers Pool" (ICP, 1968) sah die beiden Musiker im Trio mit John Tchicai (as). Auf einer weiteren titellosen LP (ICP, 1978) mit Aufnahmen vom März 1970 wurde dieses Trio durch Derek Bailey (g) zum Quartett ergänzt.
Zum innersten Kreis der ICP gehörte in einer ersten Phase auch Willem Breuker (ts), doch um 1974 gerieten er und Mengelberg sich in die Haare, sodass Breuker den ICP verliess und fortan mit dem Willem Breuker Kollektiv eine eigene Big Band leitete bzw. mit "BV Haast" ein eigenes Label gründete. Misha Mengelberg und Han Bennink waren beide auch wichtige Mitglieder der europäischen Free-Szene und daneben in einer ganzen Reihe von Gruppen und Projekten tätig.
Nach Aufnahmen in mehr oder weniger grossen Ensembles, stellten die beiden ICP-Gründer im Herbst 1977 mit dem ICP 10-tet bzw. dem Tetterett für eine gleichnamige LP (ICP, 1977) ein erstes Orchester zusammen. Neben Mengelberg und Bennink gehörten Bert Koppelaar (tb), Gilius Van Bergeyk (as, oboe), Peter Bennink (as, sops), Peter Brötzmann (as, ts, bars), Tristan Honsinger (cello), Michel Waisvisz (elect) und Alan Silva (b) dazu.
Der Namen ICP Orchestra tauchte erstmals auf der am 1. September 1979 in Italien mitgeschnittenen LP "Live Soncino" (ICP und Ad Lib, 1979) auf. Bei der Gelegenheit war das Orchestra mehrheitlich von italienischen Musikern wie Renato Geremina (ts, ss, vio), Baldo Maestri (as, ss), Eugenio Colombo (as, fl), Giancarlo Schiaffini (tb), Enrico Rava (tp), Gianluigi Trovesi (as, ss, bcl) sowie mit Larry Fishkind (tuba) besetzt.
Eine eigentliche Stammbesetzung kam erst im Verlaufe der 1980er Jahre zustande. Im Mai 1982 gab das ICP Orchestra in Japan Konzerte, und zwar in einer Besetzung, der Toshinori Kondo (tp), Keshavan Maslak (as, ts), Michael Moore (as, cl), Peter Brötzmann (as, ts, bars), Walter Wierbos und Joep Massen (tb), Larry Fishkind (tuba) und Maurice Horsthuis (viola) angehörten. Aufnahmen davon wurden als "Japan Japon" (ICP, 1982) herausgebracht.
"DIW" brachte die Aufnahmen 2002 auch auf einer CD mit zwei weiteren Tracks auf den Markt. "DIW" selber brachte mit "Caravan" ebenfalls Aufnahmen dieser Japan-Konzerte heraus. Mitte der 1980er Jahre tourte das ICP Orchestra zuerst mit einem Herbie Nichols-Programm (1984) und dann mit einem Thelonious Monk-Programm (1986).
Aufnahmen des Nichols-Programms kamen zuerst auf einer Kassette unter dem Titel "Extension Red, White And Blue" (ICP, 1985) heraus und wurden zusammen mit Aufnahmen des Monk-Programms auf "Two Programs: The ICP Orchestra Performs Nichols - Monk" (ICP, 1987) wiederveröffentlicht. Wieder war das ICP Orchestra keine feste Gruppe, aber der Kern war seit den Japan-Auftritten nun konstanter.
Bei Monk-Programm wurden beispielswiese auch Steve Lacy (ss) und George Lewis (tb) beigezogen. 1990 war erneut eine Ausgabe des ICP Orchestras auf Tournee. Dabei entstanden zwei weitere CDs: "Bospaadje konijnehol I und II" (ICP, 1991 bzw. 1992). 1997 wurde der 30. Geburtstag des ICP gefeiert. Bei Auftritten des ICP Orchestras am 6. bzw. 15. November in Holland und in der Schweiz wurde "Julilee Varia" (Hatology, 1999) mitgeschnitten.
Das nächste Tondokument entstand im Juni 2001 bei Konzerten in Amsterdam, wo "Oh, My Dog!" (ICP, 2001) aufgenommen wurde. Vom Dezember 2003 stammen die Aufnahmen zu "Aan & Uit" (ICP, 2004) und vom Juni 2005 jene auf der limitierten LP "Weer Is Een Dag Voorbij" (ICP, 2006). "Afjin" (ICP, 2006) war eine DVD, auf der das ICP Orchestra mit Gästen wie Anthony Braxton oder Dave Douglas zu sehen und zu hören ist. Auch "On Dream" (La Huit, 2006) war eine DVD.
"Live At The Bimhuis" (ICP, 2009) zeigt das Orchestra im Mai 2008 in Amsterdam. Auf der CD "ICP Orchestra: Live Netherlands 2009" (ICP, 2010) und der LP "!ICP! 050: Live At The Bimhuis September 2009" (ICP, 2010) fanden sich nicht überschneidende Mitschnitte von Konzerten vom Juni 2009 im belgischen Maasmechelen und vom September 2009 in Amsterdam.
Alle wurden in der Besetzung Misha Mengelberg (p), Ab Baars, Michael Moore und Tobias Delius (reeds), Mary Oliver (vio, viola), Ernst Glerum (b), Tristan Honsinger (cello), Thomas Heberer (tp), Wolter Wierbos (tb) und Han Bennink (dm) absolviert. Unter dem Titel "De Zeurpiet/No Idea" (2012) erschien im Rahmen einer Ausstellung über Kunstwerke von Han Bennink in einem holländischen Museum eine labellose CD mit zwei Stücken des ICP Orchestras.
"East Of The Sun" (ICP, 2014) war die erste Aufnahme des Orchesters ohne Mitgründer Misha Mengelberg, der sich aus gesundheitlichen Gründen von der Konzertbühne zurückgezogen hatte. Danach folgten die CD/DVD "Misha Enzovoort" (ICP, 2015) mit Liveaufnahmen von einem Konzert am 2. Februar 2013 im "Vortex" in London und die CD "Restless In Pieces" (ICP, 2016).
Ab 2019 erschienen in DL-Form mehrere Livemitschnitte, die Auftritte des Orchesters von 1984 und 2015 dokumentierten. Nicht in diese Reihe gehörte "De Hondemepper" (ICP, 2020). Sie zeigt das Orchestra 2018 live zusammen mit dem Ensemble Nieuw Amsterdams Peil. Ältere, grösstenteils bis damals unveröffentlichte Aufnahmen wurden auf der Doppel-CD "Incipient ICP (1966-71)" (Corbett vs. Dempsey, 2021) zusammengefasst.
Willem Breuker starb am 23. Juli 2010, Misha Mengelberg am 3. März 2017. 06/24