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Joe Zawinul

Österreichisch-amerikanischer Pianist, Keyboarder, Synthesizerspieler, Organist, Komponist, Bandleader und Arrangeur, geboren am 7. Juli 1932 in Wien als Josef Erich Zawinul. Mit sechs Jahren bekam er ein kleines Akkordeon geschenkt und erhielt Unterricht bei einem Musiklehrer. In seiner Familie und bei Verwandten hörte und sang er tschechische und slowenische Weisen, ungarische Sinti-Lieder, Polkas und Ländler.


Als sich herausstellte, dass auch er über das absolute Musikgehör verfügte, erhielt er kostenlosen Unterricht am Konservatorium der Stadt Wien, wo er Klavier, Violine und Klarinette lernte und sich auf eine Karriere als klassischer Pianist vorbereitete. Mit zwölf Jahren hörte er zum ersten Mal Jazz.

 

Ab 1945 besuchte er das Realgymnasium, wo Thomas Klestil, der spätere österreichische Bundespräsident, sein bester Freund wurde. 17-Jährig brach er die Vorbereitungen zu einem Klavierwettbewerb in Genf von 1949 ab und wandte sich dem Jazz zu. Ein Studienfreund aus jenen Tagen war Friedrich Gulda.

 

Ab 1952 arbeitet er als Jazzmusiker mit anderen österreichischen Musikern zusammen. Nach ersten Erfahrungen unter anderem in der Combo von Vera Auer und bei Hans Koller wurde er 1954 mit Hans Salomon Mitbegründer der Austrian All Stars. Die Plattenaufnahmen dieser Formation erfuhren durch Guldas Förderung internationale Anerkennung.

 

1955/56 wechselte er mit der gesamten Besetzung der Austrian All Stars in die Johannes Fehring Big Band. 1956 ging er zur damals erfolgreichsten österreichischen Jazzband, der Two Sound Band von Fatty George.

 

Nachdem er sich erfolgreich um ein Stipendium an der Berklee School in Boston beworben hatte, reiste er per Bahn und Schiff im Januar 1959 für zunächst nur vier Monate und mit 800 Dollar in die USA. Er ging mit dem festen Vorsatz in die USA, nicht mehr nach Europa zurückzukehren.

 

Noch am Abend seiner Ankunft in New York ging er in einen Club und traf dort auf Wilbur Ware, Louis Hayes und jammte mit Charlie Mariano. Zwei Tage später rief der Impressario George Wein an, der für Ella Fitzgerald einen Pianisten als Liedbegleiter suchte. Zawinul nahm dankbar an.

 

Danach hatte er ein Engagement bei der Maynard Ferguson Band. In den USA kam er schon bald zu ersten Aufnahmen als Leader. Trioaufnahmen mit George Tucker (b), Frankie Dunlop (dm) und teilweise Ray Barretto (perc) erschienen unter dem Titel "To You With Love" (Stand, 1959). Er brach die Ausbildung in Boston ab und zog fest nach New York City.

 

Er wurde von Dinah Washington engagiert und blieb zwei Jahre lang in ihrer Band. Auch Miles Davis wurde auf ihn aufmerksam und lud ihn als Mitspieler in seine Band ein. Doch Zawinul lehnte vorerst ab. Yusef Lateef (fl, oboe, ts) holte im Oktober 1960 zu den Aufnahmen von "The Centaur And The Phoenix" (Riverside, 1960) ins Studio.

 

Auch Nat Adderley verpflichtete Zawinul zu einer Aufnahme. 1962 heiratete er Maxine, die er im New Yorker Jazzclub "Birdland" kennengelernt hatte und die das erste schwarze "Playboy"-Bunny gewesen war. Trauzeuge war Cannonball Adderley, in dessen Quintett Joe Zawinul ab 1961 und bis 1970 spielte.

 

In dieser Zeit tat er sich vor allem als Komponist hervor und schrieb rund 60 Stücke für Addlerey und seine Combo. Vor allem seine 1966 entstandene Komposition "Mercy, Mercy, Mercy" wurde mit einer Million verkaufter Singles einen Riesenhit und zugleich eine Art Erkennungsmelodie für die Adderley-Group.

 

Ursprünglich hatte er den Song für die Sängerin Esther Marrow geschrieben. Für das Stück erhielt die Adderley Gruppe 1968 einen Grammy in der Kategorie "Best Jazz Instrumental Performance". Der Text zum Song stammte von Marlena Shaw. Für die Aufnahmen von "Mercy, Mercy, Mercy" setzte Zawinul erstmals ein E-Piano ein.

 

Damit löste er eine Welle innerhalb des Jazz aus. Das Cannonball Adderley Quintett war damals so populär, dass es als Opener für The Who oder Frank Zappa auftreten konnte. Nach einer ganzen Reihe von Aufnahmen als Mitglied des Cannonball Adderly Quintetts kam er 1965 auch zu Aufnahmen unter eigenem Namen. Seine Begleiter auf "The Money In The Pocket" (Atlantic, 1967) waren Blue Mitchell (tp), Joe Henderson (ts), Pepper Adams (bars), Sam Jones (b) und Louis Hayes (dm).

 

In einem Track wurde er von Clifford Jordan (ts), Bob Cranshaw (b) und Roy McCurdy (dm) begleitet. Auf "Rise And Fall Of The Third Stream" (Vortex, 1968) waren ein Streichquartett sowie neben anderen Jimmy Owens (tp), Richard Davis (b), Warren Smith (perc), Freddie Waits oder Roy McCurdy (dm) und William Fisher (ts, arr) im Einsatz.

 

Die beiden LPs von Ende der 1960er Jahre wurden später auf einer CD (Rhino, 1994) zusammengefasst. 1969 erachtete Joe Zawinul dann einen Wechsel in die Band von Miles Davis als gegeben. Miles Davis befand sich damals in der Anfangsphase seiner elektrischen Epoche. Zawinul schrieb das Titelstück für die LP "In A Silent Way" (Columbia, 1969), das Miles allerdings als seine Komposition ausgab.

 

Bei Miles Davis war er allerdings nicht der einzige Keyboarder. Auf "In A Silent Way", aber auch später auf Aufnahmen wie "Bitches Brew" (Columbia, 1970) und "Live Evil" (Columbia, 1971) griffen zugleich auch Chick Corea, Keith Jarret, Hermeto Pascoal, Larry Young und/oder Herbie Hancock in die Tasten.

 

In dieser Zeit war er weiterhin für Nat und Cannonball Adderley sowie für David Newman, Aretha Franklin, Yusef Lateef, Marion Williams, Tim Hardin, Miraslov Vitous und andere im Studio. Dazu konnte er mit "Zawinul" (Atlantic, 1971) ein weiteres Album unter eigenem Namen einspielen.

 

Darauf wurde er von Herbie Hancock (e-p), George Davis oder Hubert Laws (fl), Earl Turbinton (ss), Woody Shaw oder Jimmy Owens (tp), Miroslav Vitous oder Walter Booker (b) sowie Billy Hart, David Lee, Joe Chambers und/oder Jack DeJohnette (dm, perc) begleitet. Miles Davis schrieb die Liner Notes.

 

In einem Track machte Wayne Shorter (as) mit, den Zawinul in der Band von Miles Davis kennengelernt hatte. Zusammen gründeten Zawinul und Shorter 1971 mit Weather Report eine eigene Fusion-Formation, die jahrelang aktiv war und wegweisend für dieses Genre wurde.

 

1986 löste sich Weather Report nach mehreren erfolgreichen Alben auf. "Music For Two Pianos" (Capriccio, 1988) war eine Duoaufnahme, die Zawinul im Mai 1988 live in Köln mit Friedrich Gulda (p) eingespielt hatte. Neben je einem eigenen Werk interpretierten die beiden Pianisten auch ein Werk von Johannes Brahms.

 

Nach dem Split von Weather Report führte Zawinul seine Arbeit auf der Ethno-Fusion-Schiene mit seiner Band The Zawinul Syndicate konsequent weiter. Zwischen den Syndicate-Aufnahmen probierte sich Zawinul mit der Tondichtung "Stories Of The Danube" (Philips, 1996) auch als Komponist im E-Musikbereich.

 

Er selber trat dabei selber als Solist auf. Das staatliche tschechische Sinfonieorchester Brno wurde von Caspar Richter geleitet. Weitere Musiker waren Arto Tuncboyaciyan (perc), Walter Grassmann (dm), Amit Chatterjee (g, vcl) und Burhan Öçal (perc, vcl).

 

Zum 60. Jahrestag des Baubeginns des Konzentrationslagers Mauthausen fand am 8. August 1998 eine Gedenkveranstaltung statt, zu der Zawinul die Musik schrieb und aufführte. "Mauthausen - Vom grossen Sterben hören" (ESC, 2000) erschien auch als CD.

 

Zum 70. Geburtstag von Zawinul im Sommer 2002 erschienen gleichzeitig die CD "Faces & Places" (ESC, 2002) und die Biographie "Zawinul - ein Leben aus Jazz" von Gunther Baumann. Bei den Aufnahmen zur CD wirkten eine ganze Reihe von Musikern aus dem damaligen Umfeld der Gruppe Zawinul Syndicate mit.

 

"Brown Street" (BHM, 2006) hiess eine weitere, im Wiener "Birdland" mitgeschnittene Doppel-CD mit Aufnahmen, die Zawinul zusammen seinen Ex-Weather Report Musikern Alex Acuña (perc) und Victor Bailey (e-b) sowie mit dem Syndicate-Mitglied Nathaniel Townsley (dm) und mit der WDR Big Band Köln eingespielt hatte.

 

Ein Konzert zu seinem 75. Geburstags mit dem Zawinul Syndicate vom 7. Juli 2007 in Lugano wurde mitgeschnitten und unter dem Titel "75th" (BHM, 2008) auf einer Doppel-CD herausgebracht. Ein Titel stammte von einem Auftritt im selben Jahr in Ungarn.

 

Zwei Monate nach dem Auftritt starb Zawinul am 11. September 2007 in seiner Heimatstadt Wien. Nach seinem Tod erschien "Absolute Zawinul" (Intuition, 2009), eine Aufnahme, die er mit seinem über 20-köpfigen Absolute Ensemble gemachte hatte.                            08/24

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