Armenischer Komponist, Sänger, Chormusiker, Musikpädagoge, Priester, Musikethnologe und Musikwissenschaftler, geboren am 8. Oktober 1869 in Kütahya im Osmanisches Reich in der heutigen Türkei als Soghomon Gevorki Soghomonian. Er gilt heute allgemein als Begründer der modernen klassischen Musik Armeniens.
Nach dem Tod seiner Eltern kümmerte sich seine Grossmutter um ihn, bis ein Prälat der lokalen armenischen Diözese ihn mitnahm, damit er in Etschmiadsin, dem Sitz des Oberhaupts der Armenisch-Apostolischen Kirche, eine Weiterbildung bekam. Der Katholikos Gevork IV. ordnete an, dass eines der Waisenkinder am kirchlichen Seminar teilnehmen und am Ort studieren solle.
Unter den 20 Kandidaten wurde Soghomon aufgrund seiner Intelligenz ausgewählt. Dort überzeugte er mit seiner musikalischen Begabung und seiner wohlklingenden Stimme. Er absolvierte 1893 ein Studium als Mönch. Somit galt er nach der kirchlichen Tradition als neu geboren und wurde auf den Namen Komitas neu getauft.
Der Name Komitas bezieht sich auf einen berühmten gleichnamigen Katholikos des 7. Jahrhunderts, der Hymnendichter und Musiker war. Zwei Jahre später wurde er Priester und erhielt den Titel Vardapet bzw. Vartabet, was im Armenischen eigentlich Doktor oder Gelehrter bedeutet, aber seit vielen Jahrhunderten der Priesterschaft vorbehalten ist.
Mkrtitsch Chrimjan förderte Komitas und vermittelte ihm Stipendien für Studien in Tiflis bei Makar Jekmaljan und in Berlin. Dort schrieb er sich am privaten Konservatorium von Richard Schmidt ein und studierte zugleich an der Friedrich-Wilhelms-Universität Ästhetik und Musiktheorie. 1899 erwarb er den Doktortitel der Musikwissenschaft und kehrte nach Etschmiadsin zurück.
Er übernahm die Leitung eines Männerchors und nahm seine Lehrtätigkeit am Seminar auf. Parallel dazu reiste er quer durch das Land und sammelte armenische Volkslieder und -tänze, wie sie in den Dörfern aufgeführt wurden. Er erfand ein eigenes Notationssystem, mit dem er diese dörflichen Weisen, die zum Teil über Jahrhunderte mündlich überliefert worden waren, präzise festhielt.
Komitas sammelte ungefähr 3000 dörfliche Gesänge in Form von Arbeits-, Hochzeits-, Liebesliedern und Tänze, aber auch Lieder über die leidvolle Erfahrung der Vertreibung, die sein Volk immer wieder getroffen hat. Nur einen kleinen Teil davon hat er, meist als Kunstlied für Klavierbegleitung, veröffentlicht.
Der überwiegende Teil der Lieder wurde für mehrstimmigen Chorgesang bearbeitet. Neben den Werken der Profanmusik war das zentrale Werk des Komponisten die Liturgie. Er begann sich schon 1892 damit zu beschäftigen.Mehrere Fassungen des so genannten "Badarak" sind überliefert. Wegen des Ersten Weltkriegs, seiner Deportation und den Folgen, konnte er die Messe nicht vollenden.
Am „Roten Sonntag“, dem 24. April 1915, dem eigentlichen Beginn des staatlich organisierten Völkermordes an den Armeniern im Osmanischen Reich, wurde er in Konstantinopel mit einigen Hundert weiteren armenischen Intellektuellen verhaftet und nach Çankırı östlich von Ankara deportiert.
Während fast alle anderen Deportierten dort ermordet wurden, ordnete Innenminister Talaat Pascha die Rückkehr von acht Häftlingen, darunter Komitas, an. Vermutlich hatten der US-amerikanische Botschafter Henry Morgenthau und der Dichter Mehmet Emin Yurdakul für Komitas interveniert.
Bei seiner Rückkehr fand er seine persönlichen Arbeitsunterlagen, darunter ein Teil seiner wertvollen Sammlung von Liedern, verwüstet vor. Komitas Vardapet konnte sich von den Geschehnissen, die er miterleben musste, nicht mehr gänzlich erholen.
Freunde lieferten ihn wegen seines sich verschlechternden psychischen Zustandes in ein türkisches Militärspital ein. Von dort wurde er 1919 nach Paris gebracht, wo er zunächst in eine Privatklinik in Ville-Evrard eingewiesen wurde. Ab 1922 bis zu seinem Tod am 22. Oktober 1935 im Alter von 66 Jahren lebte er völlig in sich zurückgezogen in der psychiatrischen Klinik von Villejuif.
Ein Jahr später wurden seine sterblichen Überreste nach Jerewan gebracht und dort im Pantheon bestattet. In den 1950er Jahren waren auch seine Manuskripte von Paris nach Jerewan transferiert worden. Die erste Auflage des "Badarak" wurde 1933 in Paris veröffentlicht.
Inzwischen gibt es eine siebenbändige Werkausgabe, erschienen in Jerewan und betreut von Robert Atajan. Im Juli 2005 wurden in Jerewan durch die Sopranistin Hasmik Papian neun Lieder mit Texte deutscher Dichter uraufgeführt, die Komitas während seines Studienaufenthaltes in Berlin komponiert hatte.
Seit den 1960er Jahren wurde Werke von Komitas auf verschiedenen Schallplatten veröffentlicht, vor allem auf solchen des sowjetischen Staatslabels "Melodiya". Auch westliche Labels gaben Schallplatten mit Musik von Komitas heraus. Inzwischen findet sich seine Musik auf über 50 Schallplatten. 03/24