Amerikanischer Jazz-Altsaxophonist, Komponist und Bandleader, geboren am 13. Oktober 1927 in Chicago, Illinois. Im Alter von acht Jahren erhielt er eine Klarinette, etwas später ein Tenorsax. Danach wechselte er zum Altsax.
Seine Karriere als Profi-Musiker begann er 1945 während kurzer Zeit als Mitglied der Big Band von Teddy Powell, wo er Charlie Ventura ersetzte. Zwischen 1945 und 1947 arbeitete Konitz für Jerry Wald und Llyod Lifton, ehe er 1946 die Bekanntschaft des Pianisten Lennie Tristano machte. Dort traf Konitz auch auf Warne Marsh (ts), einen anderen engen Mitarbeiter von Tristano.
Lee Konitz und Warne Marsh realisierten im Umfeld von Tristano oder später in gemeinsamen Gruppen viele Aufnahmen (siehe Lee Konitz/Warne Marsh). Konitz und Tristano zogen später nach New York, wo Konitz Mitglied der progressiven Big Band von Stan Kenton wurde. Dort lernte er auch den Posaunisten, Arrangeur und Komponisten Bill Russo kennen.
Zusammen teilten Russo und Konitz die Vorliebe für Stravinsky, Berg und Debussy. Konitz und Russo waren zusammen mit Woody Herman, Shorty Rogers und Jimmy Guiffre Pioniere des sogenannten Third Stream. Russo arrangierte und schrieb für Konitz mehrere Nummern. Diese wurden später auf dem mit Streichern eingespielten Album "An Image" (Verve, 1958) veröffentlicht.
1947 ging Lee Konitz zu Claude Thornhill, wo Gil Evans als Arrangeur und Gerry Mulligan als Komponist tätig waren und wo er zu ersten Aufnahmen kam. Ab 1949 spielte er kurze Zeit in der Band von Miles Davis. Konitz war 1949 bei allen drei "Birth Of The Cool"-Sessions mit von der Partie, die auf dem Album "Birth Of The Cool" (Capitol, 1957) zusammengefasst wurden.
Später holte ihn Miles auch zu den Aufnahmen von "Miles Ahead" (Columbia, 1957) wieder ins Studio. Es handelte sich um die erste Zusammenarbeit von Miles Davis und Gil Evans nach den "Birth Of The Cool"-Sessions. Erste Aufnahmen von Konitz als Leader waren Ende der 1940er Jahre auf den damals üblichen Schellack-Schallplatten erschienen.
Das Lee Konitz Quintet bestand aus den Tristano-Begleitern Warne Marsh (ts), Sal Mosca (p), Arnold Fishkin (b) und Denzil Best (dm) und spielte "Marshmallow/Fishin' Around" und "Tautology/ Sound-Lee" (beide New Jazz, 1949) ein. Die vier Stücke wurden später mit vier Tracks des fast identisch besetzten Lennie Tristano Quintets auch auf einem 10"-Album (New Jazz, 1951) veröffentlicht.
Auf "You Go To My Head/Palo Alto" und "Rebecca/Ice Cream Konitz" (beide New Jazz, 1950) hatte das Lee Konitz Quintet neben dem Leader aus Billy Bauer (g), Sal Mosca (p), Arnold Fishkin (b) und Jeff Morton (dm) bestanden. Diese vier Titel wurden mit Stücken von Stan Getz auf dem 10"-Split-Album "The New Sounds" (Prestige, 1951) wiederveröffentlicht.
1951 leitete Konitz auch ein Sextett, dem Miles Davis (tp), Billy Bauer (g), Sal Mosca (p), Arnold Fishkin (b) und Max Roach angehörten. Zwei am 8. März 1951 eingespielte Stücke wurden auf der Schellack-Schallplatte "Ezz-Thetic/Hi Beck" (Prestige, 1951) veröffentlicht.
Sie wurden mit zwei weiteren Tracks dieser Sessions auf einem weiteren 10"-Album mit dem Titel "The New Sounds" (Prestige, 1951) zugänglich gemacht. Das Album enthielt zudem noch zwei Duo-Tracks von Konitz und Billy Bauer (g), eingespielt fünf Tage nach dem Aufnahmen mit Miles Davis.
Danach folgten Aufnahmen als Mitglied der Metronome All Stars, des Lennie Tristano Quintets, des Charles Mingus Quintets und des Gerry Mulligan Quartets. Ralph Burns zog Konitz zu den Aufnahmen seines Third Stream-Albums "Free Forms By Ralph Burns" (Mercury, 1952) bei.
Mit Musikern des Stan Kenton Orchestras, mit dem er unterwegs war, spielte Konitz im September 1953 in Paris das 10"-Album "Jazz Time Paris Vol. 7" (Vogue, 1953) ein. Mit weiterem Material dieser Session, vornehmlich Alternate Takes oder Fragemente von Aufnahmen, wurden die sieben Stücke später zur LP "Young Lee" (Vogue, 1981) aufgeblasen.
Von der selben Formation stammten die Stücke auf dem 10"-Album "Originalee Konitz" (Royal Roost, 1953). Bei einem Auftritt am 5. Januar 1954 in Boston mit Ronnie Ball (p), Percy Heath (b) und Al Levitt (dm) wurde das 10"-Album "At Storyville" (Storyville, 1954) mitgechnitten.
Am 6. August 1954 nahm er mit Ronnie Ball (p), Peter Ind (b) und Jeff Morton (dm) das 10"-Album "Konitz" (Storyville, 1954) auf. Andere Aufnahmen mit Ball, Ind, Levitt oder Morton vom April 1954 und vom Februar 1955 wurden zur LP "In Harvard Square" (Storyville, 1955) zusammengefasst.
Es waren dies die ersten Aufnahmen, bei denen Konitz nur drei weitere Musiker um sich gruppierte. Das Quartett wurde Konitz' beliebteste Form. Bis zu seinem Tod tat er sich immer wieder mit anderen Musikern zu solchen Vierer-Besetzungen zusammen.(siehe Lee Konitz in Quartettaufnahmen).
Ein Teil der Aufnahmen von Konitz von Ende der 1940er und Anfang der 1950er Jahre wurde auf diversen 7"-EPs wieder veröffentlicht und dann unter dem Titel "Subconscious-Lee" (Prestige, 1955) zu einer Compilation zusammengestellt.
"An Image" (Verve, 1958) war das bereits erwähnte Orchesteralbum mit Bill Russo als Arrangeur. Auf "Lee Konitz Meets Jimmy Giuffre" (Verve, 1959) kam es zu einem Aufeinandertreffen mit Jimmy Giuffre, der auf dieser Aufnahme Baritonsax spielte. Weitere Musiker waren Hal McKusick (as), Ted Brown und Warne Marsh (ts), Bill Evans (p), Buddy Clark (b) und Ronnie Freeman (dm).
"Motion" (Verve, 1961) war im August 1961 Konitz' erste Trioaufnahme, und zwar mit Sonny Dallas (b) und Elvin Jones (dm). Unter den Namen von Attila Zoller (g), Lee Konitz (as) und Albert Mangelsdorff (tb) erschien mit "Zo-Ko-Ma" (MPS, 1968) eine weitere Trioaufnahme.
"Duets" (Milestone, 1968) zeigt Lee Konitz entgegen dem Titel in diversen Besetzungen, die von Musikern wie Joe Henderson und/oder Richie Kamuca (ts), Marshall Brown (tb), Karl Berger (vibes), Ray Nance (vio), Dick Katz (p), Jim Hall (g), Eddie Gomez (b) und Elvin Jones (dm) gebildet wurden.
Konitz machte aber im Verlaufe der Jahre mehrere Duoaufnahmen. "I Concentrate on You: A Tribute to Cole Porter" (SteepleChase, 1974) zeigt ihn mit Red Mitchell (b, p), gefolgt von "Windows" (SteepleChase, 1975) mit Hal Galper (p).
"Duplicity" (Horo, 1978) war das erste Duoalbum mit Martial Solal (p). Diesem folgten mit "November Talk" (Horo, 1980), "Live at the Berlin Jazz Days 1980" (MPS, 1982) und "Star Eyes, Hamburg 1983" (hatOLOGY, 1998) drei weitere.
"Seasons Change" (Circle, 1979) zeigt Lee Konitz in Duostücken mit Karl Berger (p, vibes). Bei einer Session im Januar 1980 mit Gil Evans (p) kamen "Heroes" und "Anti-Heroes" (beide Verve, 1991) zu Stande. Mit Michael Petrucciani (p) entstand "Toot Sweet" (Owl, 1982), mit Albert Mangelsdorff (tb) "Art of the Duo" (Enja, 1988).
Harold Danko (p) war Duopartner auf "Wild As Springtime" (GFM, 1997), Enrico Pieranunzi (p) auf "Solitudes" (Philology, 1988), Kenny Werner (p, celesta) auf "Unleemited" (Owl, 1994) und Don Friedman (p) auf "Lee Konitz Meets Don Friedman" (Insights, 1994).
Mit Stefano Battaglia (p) realisierte er "Italian Ballads Vol.1 - Parlami D'Amore Mariù" (Phililogy, 1993), mit dessen Landsmann Renato Sellani (p) "Speakin' Lowly" (Philology, 1994) und "All The Way (The Soft Way)" (Philology, 1998). Auch für "Breaths And Whispers (Homage To Alexandr Skrjabin)" (Philology, 1995) tat sich Konitz mit einem italienischen Pianisten zusammen, hier mit Umberto Petrin.
Franco D'Andrea (p), ein weiterer Italiener, war Partner auf "Inside Cole Porter" und "Inside Rogers" (beide Philology, 1998). Eine Begegnung 2000 mit Alan Broadbent (p) wurde auf "Live-Lee" und "More Live-Lee" (beide Milestone, 2004) dokumentiert.
"Duas Contas" (Philology, 2002) hiess eine Aufnahme mit Irio de Paula (g), " Suite For Paolo" (Philology, 2003) eine mit Stefano Bollani (p) und "Duos with Lee" (Sunnyside, 2009) und "Decade" (Verve, 2018) zwei mit Dan Tepfer (p).
"Lone-Lee" (SteepleChase, 1974) nannte sich die erste Soloaufnahme mit zwei langen Fremdkompositionen. Weitere hiessen "Unaccompanied Live in Yokohama" (P.S.F., 1997) und "Self Portrait" (Philology, 1998).
Von Lee Konitz erschienen im Laufe der Jahre Dutzende von weiteren Aufnahmen unter seinem Namen oder unter Gruppennamen wie Lee Konitz & His West Coast Friends, Lee Konitz & The Brazilian Band, Lee Konitz Big Band, Lee Konitz Nonet, Lee Konitz Quintet, Lee Konitz Septet, Lee Konitz Sextet, Lee Konitz Terzet, Lee Konitz-Ohad Talmor Big Band, Lee Konitz-Ohad Talmor String Project, Lee Konitz/Chet Baker/Keith Jarrett Quintet, The Lee Konitz Trio und anderen.
Nachfolgenden nur einige der interessantesten und/oder wichtigsten: Mit Paul Bley (p) und Bill Connors (g) nahm er "Pyramid" (Improvising Artists Inc., 1977) auf. Bei "IAI Festival" (Improvising Artists Inc., 1978) kam noch Jimmy Giuffre (fl, ss, ts) dazu. Unter den Namen von Kenny Wheeler (flh), Lee Konitz (as), Dave Holland (b) und Bill Frisell (g) erschien "Angel Song" (ECM, 1997).
Weitere interessante Trioaufnahmen waren "Alone Together" (Blue Note, 1997) mit Brad Mehldau (p) und Charlie Haden (b); "Three Guys" (Enja, 1999) mit Steve Swallow (e-b) und Paul Motian (dm) sowie "Some New Stuff" (DIW, 2001) mit dem Masada-Rhythmus-Team Greg Cohen (b) und Joey Baron (dm).
Mit dem Axis String Quartet spielte Konitz "Plays French Impressionist Music From The 20th Century" (Palmetto, 2000) ein. Darauf finden sich Werke von Maurice Ravel, Erik Satie und Claude Debussy, arrangiert von Ohad Talmor. "Inventions" (Omnitone, 2006) war eine ähnliche Aufnahme, wiederum mit Talmor (ts, bcl, cl) als Arrangeur, Komponist und Musiker sowie mit dem Spring String Quartet.
Gleichzeitig erschien "New Nonet" (Omnitone, 2006). Dieser Formation gehörten Ohad Talmor (ts), Ben Monder (g), Oscar Noriega (reeds), Matt Wilson (dm) und andere an. Eine weitere gemeinsame Konitz/Talmor-Produktion war "Portology" (Omnitone, 2007), auf der die 17-köpfige Lee Konitz/Ohad Talmor Big Band spielt. Auf der Nonett-Aufnahme "Old New Songs" (Sunnyside, 2020) setzten Konitz und Talmor wieder Streicherinnen und Streicher ein.
Wie Phil Woods, so spielte auch Lee Konitz im Laufe der Jahre eine ganze Reihe von Aufnahmen für das italienische Label "Philogy" ein. Darunter befanden sich auch einige gemeinsame Aufnahmen von Konitz und Woods. Dazu kamen bei Konitz auch viele Aufnahmen für andere italienische Labels (siehe Lee Konitz in Italien).
Lee Konitz Schaffen wurde auf Dutzenden von Compilation dargestellt. Vier CDs stark war "Sax Of A Kind" (Quadromania, 2005). Unter dem Titel "Complete Black Saint-Soul Note Recordings" (Black Saint, 2011) wurden fünf Alben für "Soul Note" mit Aufnahmen von 1979 bis 1992 im Rahmen eines 5-CD-Sets wiederveröffentlicht.
Das Material auf den sechs CDs von "The Milestone Albums" (Milestone, 2012) stammten aus den Jahren 1967 bis 2000. "Seven Classic Albums" (Real Gone, 2013) erstreckte sich über vier CDs, ebenso "The Verve Album Collection" (Enlightenment, 2019). Lee Konitz starb am 15. April 2020 in Greenwich Village, New York City, 92-jährig. Discogs.com listet für Konitz über 800 Einträge als Musiker auf. 01/25