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Mary Lou Williams

Amerikanische Pianistin, Komponistin, Arrangeurin und Bandleaderin, geboren am 8. Mai 1910 in Atlanta, Georgia, als Mary Elfrieda Scruggs. Sie wuchs in East Liberty, einem Vorort von Pittsburgh, als eines von elf Kindern auf. Ihre alleinerziehende Mutter arbeitete als Putzfrau, sang in ihrer Freizeit Spirituals und spielte Ragtime auf dem Piano und der Orgel.


Mary Lou Williams brachte sich im Alter von drei bis vier Jahren autodidaktisch das Klavierspielen bei, indem sie das gerade von ihrer Mutter Gehörte nachspielte. Später schulte sie sich mit Hilfe von Musikrollen, die Musik von Jelly Roll Morton und James P. Johnson enthielten und die sie nachspielte.


Als Elfjährige besuchte sie Konzerte und lernte so Arrangements von Don Redman und den Pianisten Earl Hines kennen. Ohne Wissen ihrer Familie trat sie mit sechs Jahren in der Nachbarschaft als Pianistin auf, begleitete auch Stummfilme und spielte wenig später als Wunderkind auf Partys bei der Oberschicht. Mary Lou spielte dabei nicht nur Ragtime, sondern auch klassische Werke, populäre Melodien und Kirchenlieder. Ab 1924 besuchte sie die Westinghouse High School, die sie im Alter von 15 Jahren verliess, weil ihr Männer aus der Nachbarschaft nachstellten und sie Übergriffe befürchtete.


Ihr erstes Engagement hatte sie bei einer Vaudeville-Gruppe. Dort absolvierte sie die in diesem Genre üblichen Showeinlagen, indem sie etwa ein Stück auf dem Piano mit den Fäusten spielte oder während des Spiels einmal um das Klavier herumrannte. Mit 16 Jahren heiratete sie den Saxophonisten John "Bearcat" Williams, den sie in dieser Show kennengelernt hatte und mit dessen Vaudeville-Orchester Syncopaters sie ab Ende 1925 auf Tour ging.


Die Band wurde in Kansas City vom damals erfolgreichen Vaudeville-Duo Seymour and Jeanette engagiert. Während dieses Engagements, das über Chicago nach New York City führte, begegnete sie Fats Waller. Sie verblüffte den Pianisten, weil sie auch seine schwierigsten Kompositionen nach einmaligem Hören interpretieren konnte.


Nach Seymours Tod begleitete sie dessen Partnerin Jeanette James und spielte mit ihr 1927 mehrere Titel für Schellackplatten ein. 1929 spielte sie aushilfsweise in der von Andy Kirk geleiteten Bigband The Twelve Clouds of Joy. Diese Band war aus Terrence Holders Dark Clouds of Joy entstanden, in der seit 1928 ihr Ehemann John engagiert war.


Damit John Williams dort spielen konnte, hatte er die Leitung seiner eigenen, in Memphis operierenden Band seiner Ehefrau überlassen. Für die ersten Plattenaufnahmen von Kirks Band 1929 fungierte sie nicht nur als Pianistin für den bei der Probe im Aufnahmestudio abwesenden Marion Jackson, sondern trug auch erste Kompositionen und Arrangements bei.


Dies, obwohl sie zu diesem Zeitpunkt noch über wenig Kenntnisse von Notation und Harmonielehre verfügte. Offizieller Pianist der Band blieb weiterhin Marion Jackson. 1930 machte sie erste Soloaufnahmen unter eigenem Namen für "Brunswick Records". Diese Plattenfirma bestand auch darauf, dass sie als Pianistin an den Aufnahmen der Twelve Clouds of Joy mitwirkte.


Erst 1931, anlässlich eines Gastspiels mit Blanche Calloway, wurde sie die reguläre Pianistin der Twelve Clouds of Joy, nachdem geklärt war, dass sie nicht im einheitlichen Anzug, sondern im Kleid auftrat. Das Orchester arbeitete bis 1936 als Territory Band rund um Kansas City. Ihre Kompositionen "Walkin’ and Swingin’", "In The Groove" und "Mary’s Idea" entwickelten sich zu Hits und machten die Band bekannt.


In diesen Jahren war sie auch bei den zahllosen Jamsessions mit den Musikern des Kansas City Jazz dabei, mit Coleman Hawkins, Ben Webster, mit dem sie eine Liebesbeziehung hatte, Lester Young und Herschel Evans. Da Mary Lou Williams ungewöhnliche Harmonien in ihre Improvisationen einbaute, wurde sie von den anderen Musikern sehr geschätzt.


Ab 1936 spielten die Twelve Clouds of Joy überall in den Vereinigten Staaten und auch in Kanada. Balladen und Tanzmusik traten in den Vordergrund des Repertoires. Sie wurde besser bezahlt, allerdings als Nischenmusikerin für einige jazzige Nummern, die weiterhin im Programm blieben. Auf Vermittlung von John Hammond arrangierte und schrieb sie ab 1936 auch für die Band von Benny Goodman.


Benny Goodmans Angebot, nur noch für ihn zu arrangieren und in seinem Orchester als Pianistin tätig zu sein, lehnte sie jedoch ab. Eine geplante Aufnahme, bei der sie Billie Holiday hätte begleiten sollte, kam wegen einer Erkrankung nicht zustande. Bis 1942 blieb Williams bei den Twelve Clouds of Joy. Dann kehrte sie nach Pittsburgh zurück.


Dort stellte sie ihre eigene Band zusammen, der ihr späterer zweiter Ehemann "Shorty" Baker und der junge Art Blakey angehörte. Baker wechselte jedoch wieder in das Duke Ellington Orchestra, für das Williams nach der Heirat mit Baker im Dezember 1942 neben Billy Strayhorn als feste Band-Arrangeurin fungierte. Ihr bekanntester Titel für Ellington war "Trumpets No End", der auf Irving Berlins "Blue Skies" basierte und mehrfach aufgenommen wurde.


Nach sechs Monaten verliess sie Ellington. Mitte der 1940er Jahre wurde ihre Wohnung in Harlem zu einem Treffpunkt der Pioniere des Modern Jazz, wie Thelonious Monk, Dizzy Gillespie und Tadd Dameron, mit denen sie Ideen und Kompositionen austauschte und zu deren Mentorin sie wurde. Sie wurde deshalb auch Mutter des Bebop genannt.


Im August 1949 eröffnete sie die Tradition der Jazzkonzerte im New Yorker Club "Village Vanguard". Anfang der 1950er Jahre sah sie sich aufgrund finanzieller Engpässe gezwungen, als Begleiterin von Mildred Bailey zu touren. 1952 trat sie mit Kenny Clarke und Oscar Pettiford auf. Im gleichen Jahr ging sie auf eine kurze Tournee nach England, aus der eine längere Zeit in Europa wurde.


Sie begleitete Sarah Vaughan und liess sich in Paris nieder, wo sie mit Don Byas Aufnahmen machte. 1954 kam es in Paris zu diversen Begegnungen im Plattenstudio mit amerikanischen, aber auch mit europäischen Musikern. Später erholte sie sich auf einem Landsitz während rund einem halben Jahr.


Schon in Paris und verstärkt nach ihrer Rückkehr in die USA 1954, wo sie zunächst nur wenige Auftrittsmöglichkeiten wahrnahm, wandte sich Williams der Religion zu. Mary Lou predigte 1955 für die Abyssinian Baptists auf den Strassen Harlems und sorgte sich um arme Verwandte und um bedürftige Musiker wie Bud Powell.


Später trat sie wieder öffentlich auf, unter anderem 1977 im Duo mit Cecil Taylor. Der Konzertmitschnitt wurde unter dem Titel "Embraced" (Pablo, 1978) auf einer Doppel-LP veröffentlicht. 1978 trat sie im Weissen Haus vor Präsident Carter auf. Von 1977 bis zu ihrem Krebstod am 28. Mai 1981 mit 71 Jahren war sie Artist in Residence (ab 1980 auch mit Lehrauftrag) an der Duke University in Durham, North Carolina.


Dort entstand nach ihrem Tod das heutige Mary Lou Williams Center for Black Culture. Sie erhielt sechs Ehrendoktorhüte und war zweimal Guggenheim-Stipendiatin. Insgesamt komponierte Mary Lou Williams über 350 Stücke und längere Kompositionen. Ihre Stücke wurden von Jimmy Lunceford, Louis Armstrong, Cab Calloway, Bob Crosby, Tommy Dorsey, Ella Fitzgerald, Dizzy Gillespie, Earl Hines, Nat King Cole, Red Norvo und Sarah Vaughan gespielt und aufgenommen.


Gleichzeitig mit Fletcher Henderson schuf sie die ersten wirklichen Swing-Arrangements. Sie arrangierte auch für Count Basie, Woody Herman und die International Sweethearts of Rhythm. "Plays Mary Lou Williams" (Umlaut, 2021) war eine Aufnahme der Umlaut Big Band, auf der das Ensemble Williams-Nummern spielte.


Mary Lou Williams nahm an die 100 Alben als Bandleaderin auf. Einige ihrer Bands hiessen Mary Lou Williams And Her Kansas City Seven, Mary Lou Williams And Her Orchestra, Mary Lou Williams And Her Six, Mary Lou Williams Girl Stars, Mary Lou Williams Quartet, Mary Lou Williams Quintet, Mary Lou Williams Trio oder Mary Lou Williams' Chosen Five.


Williams Werk wurde auf über 50 Compilations dargestellt. Einen umfangreichen Überblick über das Schaffen von Mary Lou Williams gab eine beim Label "Classic" erschienene CD-Reihe, welche die Einzelteile "1927-1940" (1992), "1944" (1995), "1944-1945" (1998), "1945-1947" (1999), "1949-1951" (2002), "1951-1953" (2004) und "1953-1954" (2006) umfasste.


"The First Lady In Jazz 1927-1957" (Frémeaux & Associés, 2014) erstreckte sich über 3 CD. "The Mary Lou Williams Collection 1927-59" (The Jazz Legends Series, 2014) hies eine Doppel-CD. 07/23


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