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Michael Mantler

Amerikanisch-österreichischer Trompeter, Bandleader, Komponist und Labelbesitzer, geboren am 10. August 1943 in Wien. Er wuchs in St. Pölten auf und studierte Trompete an der Wiener Musikakademie sowie Musikwissenschaft an der Universität Wien. 1962 ging er in die USA, um dort am Berklee College of Music seine Studien fortzusetzen.


1964 zog er nach New York, wo er zuerst bei Cecil Taylor arbeitete. 1965 wurde er zusammen mit Taylor, Roswell Rudd, Archie Shepp und Bill Dixon zu einem der führenden Köpfe bei der Gründung der kurzlebigen Jazz Composer's Guild. Daraus ging das Jazz Composers Guild Orchestra hervor.


Das Ensemble taufte dann in Jazz Composer's Orchestra um und war in der Anfangsphase vor allem von Michael Mantler und Carla Bley geleitet und geprägt. Bei späteren Aufnahmen traten Musiker wie Roswell Rudd, Don Cherry oder Grachan Moncur III als Leiter des Orchestras in Erscheinung. Mitte der 1960er Jahre begann seine langjährige Zusammenarbeit mit Carla Bley, die während einiger Zeit auch seine Ehefrau wurde.


Aus dieser Ehe ging die Pianistin, Bandleaderin und Komponistin Karen Mantler hervor. 1965/66 hatten Mantler, Carla Bley (p), Steve Lacy (ss), Kent Carter (b) und Aldo Romano (dm) die Jazz Realities gebildet. Diese Gruppe nahm in Holland eine gleichnamige LP (Fontana, 1966) auf.


Mantler gründete 1968 die Jazz Composer’s Orchestra Association (JCOA), eine Vereinigung mit dem Ziel, neue Kompositionen für Jazz-Orchester zu beauftragen, zu präsentieren und zu veröffentlichen. Die Suche nach neuen künstlerischen Ausdrucksformen verknüpfte Michael Mantler mit Bemühungen, bessere Arbeitsbedingungen für die Musiker zu schaffen.


Vertriebsprobleme der JCOA-Platten brachten ihn dazu, 1972 den New Music Distribution Service zu etablieren, eine Vertriebsfirma, die viele unabhängige Plattenlabels unterstützte. 1974 gründete er mit seiner damaligen Frau Carla Bley das Label "Watt", zu dem auch ein Tonstudio und Musikverlag gehörten.


Mantler war auch Mitglied des Liberation Music Orchestras von Charlie Haden. Zudem war er an der Entstehung der ersten grossorchestralen Alben "Escalator Over The Hill" (JCOA, 1971), "Tropic Appetites" (Watt, 1974) und "Dinner Music" (Watt, 1977) von Carla Bley beteiligt. "No Answer" (Watt, 1974) war eine erste Aufnahme, die unter Mantlers Namen erschien. Mit Bley, Don Cherry (p-tp) und Jack Bruce (vcl, e-b) verband Mantler darauf Texte von Samuel Becketts "How It Is" mit Musik.


"13 & 3/4" (Watt, 1975) enthielt das Werk "13" aus der Feder von Mantler und das Stück "3/4" von Carla Bley, beides seitenfüllende Auftragswerke für grosse, gemischte Orchester. Die nächsten beiden Alben bildeten erneut Versuche, Lyrik und Musik zu verbinden. Das erste hiess "The Hapeless Child (And Other Inscrutable Stories)" (Watt, 1976).


Darauf wirkten Robert Wyatt (vcl), Terje Rypdal (g), Carla Bley (p, clavinet, synth), Steve Swallow (e-b), Jack deJohnette (dm) und Terje Rypdal (g) bei der Vertonung von Texten von Edward Gorey mit. Die Texte wurden von Nick Mason von Pink Floyd, Albert Caluder und Wyatts Ehefrau Alfreda Benge gesprochen.


"Silence" (Watt, 1977) war eine Adaption eines Werkes von Harold Pinter, aufgenommen von Mantler und Bley zusammen mit Wyatt, Kevin Coyne (vcl), Chris Spedding (g) und Ron McClure (b, e-b) und Clare Maher (cello). "No Answer" und "Silence" wurden später auf einer Doppel-CD (Watt, 2000) wieder veröffentlicht.


Eher jazzorientiert waren die nächsten beiden Alben. "Movies" (Watt, 1978) entstand mit Bley (p, synth, ts), Larry Coryell (g), Steve Swallow (e-b) und Tony Williams (dm); "More Movies" (Watt, 1980) wurde mit Bley, Swallow, Philip Catherine (g), Gary Windo (ts) und D. Sharpe (dm) eingespielt. Auch diese beiden LPs kamen später auf einer CD (Watt, 2000) nochmals heraus.


Danach folgten die Aufnahmen für "Something There" (Watt, 1982) mit Bley, Swallow, Mike Stern (g), Nick Mason (dm) von Pink Floyd und Streichern des London Symphony Orchestras unter der Leitung von Michael Gibbs. Als nächstes nahm Mantler im Duo mit Don Preston (div synth, e-dm) "Alien" (Watt, 1985) auf.


Es folgte "Live" (Watt, 1987), eine Sextett-Aufnahme vom selben Jahr mit Bley, Preston, Jack Bruce (vcl), Rick Fenn (g) von 10 CC, John Greaves (e-b, p) von Henry Cow und Nick Mason (dm) von Pink Floyd. Auf "Many Have No Speech" (Watt, 1988) setzte Mantler die Reihe der Literaturvertonungen fort. Mit Rick Fenn (g) und den Sprecherinnen und Sprechern Marianne Faithful, Jack Bruce und Robert Wyatt sowie dem Danish Radio Concert Orchestra unter Peder Kragerup verarbeitete Mantler Texte von Samuel Beckett, Ernst Meister und Philippe Soupault.


1991 verliess Mantler New York und liess sich in Europa nieder. In London nahm er mit dem Balanescu Quartet sowie mit Wolfgang Puschnig (fl), Rick Fenn (g), Karen Mantler (p, vcl), Dave Adams (vibes, chimes) und Jack Bruce (vcl) "Folly Seeing All This" (ECM, 1993) auf. Sein zweites, in Europa eingespieltes Werk war "Cerco un paese innocente" (ECM, 1995) mit Texten von Guiseppe Ungaretti. Es entstand mit Mona Larsen (vcl) und der Danish Radio Big Band sowie verschiedenen Solisten. Es handelte sich um eine Suite für Stimme, untypische Big Band und Kammerensemble.


Eine Art Oper nannte Mantler "The School Of Understanding" (ECM, 1996). Auf der Doppel-CD spielen Jack Bruce, Don Preston, John Greaves, Karen Mantler, Robert Wyatt und andere Gesangsrollen, begleitet von Streichern des Danish Radio Concert Orchestras unter Giordano Bellincampi. Das Werk entstand im Rahmen des Multimedia-Musiktheaterwerk "The School of Languages".


Es folgte mit "Songs And One Symphony" (ECM, 2000) eine Auftragsarbeit des Hessischen Rundfunks, mit Larsen, Bjarne Roupé (g), Marianne Sørensen (vio), Mette Winther (viola), Gunnar Lychou (viola), Helle Sørensen (cello), Kim Kristensen (p, synth) und dem Radio Symphony Orchestra Frankfurt unter der Leitung von Peter Rundel.


Ohne Orchester, aber wiederum mit fast den selben Musikerinnen und Musikern, entstand "Hide And Seek" (ECM, 2001), basierend auf Worten von Paul Auster. Danach wurde es lange still um Mantler. "Review" (ECM, 2006) war eine Anthologie mit den wichtigsten Werken Mantlers, die zwischen 1968 und 2000 entstanden waren. "Concertos" (ECM, 2008) entstand mit dem Kammerensemble Neue Musik Berlin unter Roland Kluttig.


In den sieben "Concertos" waren Michael Mantler (tp), Bjarne Roupé (g), Bob Rockwell (sax), Pedro Carneiro (marimba, vibes), Roswell Rudd (tb), Majella Stockhausen (p) und Nick Mason (perc) die jeweiligen Solistinnen bzw. Solisten. Auf "For Two" (ECM, 2011) interpretierten Bjarne Roupé (g) und Per Salo (p) 18 Duo-Werke aus der Feder von Mantler.


"The Jazz Composer's Orchestra Update" (ECM, 2014) enthielt Musik für eine neue, dieses Mal europäische, mehrheitlich österreichische Ausgabe seines früheren Jazz Composer's Orchestra. In den zehn Tracks waren Mantler, Harry Sokal (ts, ss), Wolfgang Pusching (as, fl), das radio.string.quartet.vienna, Bjarne Roupé (g), David Helbock (p), Manuel Mayr (b) und Lukas Knöfler (dm) die Solisten.


Auf "Comment C’est" (ECM, 2017) wurden seine Texte und seine Musik von Himiko Paganotti (vcl) und vom Max Brand Ensemble unter Christoph Cech umgesetzt. Mantler war als Trompeter auch dabei. Für die Werke auf "Coda - Orchestra Suites" (ECM, 2021) benützte er Material, das er für frühere Werke geschrieben hatte. Mantler schrieb mehrere weitere Orchesterwerke, darunter die "Slow Orchestra Pieces", die 1986 vom Orchestre de l'Opéra de Lille uraufgeführt wurden. 10/23


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