Französischer Komponist, Musiklehrer und Organist, geboren am 10. Dezember 1908 in Avignon als Sohn eines Englischprofessor, der ab 1919 über drei Jahrzehnte lang an einer Übersetzung der Werke von William Shakespeare arbeitete. Der Einfluss von Shakespeare blieb auch auf Messiaen nicht ohne Auswirkungen. Messiaens Mutter war die Dichterin Cecile Sauvage.
Olivier Messiaen wuchs in Avignon, Grenoble und Nantes auf. Im Herbst 1919 wurde der Vater ans Pariser Lycée Charlemagne berufen. Olivier studierte bis 1930 am Konservatorium von Paris. Dabei wurde er stark geprägt durch den ganz eigenen Stil des Konservatoriums, der durch Traditionen und die Tätigkeit der Lehrer bestimmt wurde.
Im Gegensatz zu seinen Mitschülern empfand Messiaen nie das Bedürfnis, aus dem Schulzwang auszubrechen. Klavierunterricht erhielt Messiaen von Georges Falkenberg. Für seine Studien in Harmonielehre erhielt er 1924 in einem Wettbewerb den zweiten Preis. Im Fugenstudium bei Georges Caussade war er erfolgreicher. Dort erhielt er 1926 einen ersten Preis in Kontrapunkt und Fuge. Bei seinem Lehrer für Klavierbegleitung, Cesar Abel Estyle, entwickelte Messiaen die Kunst des Improvisierens, wofür er 1927 wieder einen ersten Preis erhielt.
Aufgrund seiner Fähigkeiten im Improvisieren wurde Messiaen in die Orgelklasse von Marcel Dupré geschickt. Dieser Lehrer war für ihn von grosser Bedeutung. Dabei machte sich Messiaen dessen Virtuosität zu eigen und entwickelte diese bis zur Vollkommenheit weiter. Hierfür wurde er 1929 mit einem doppelten ersten Preis in Orgelspiel und Orgelimprovisation belohnt.
Ein weiterer wichtiger Lehrer Messiaens war Maurice Emmanuel, bei dem er Musikgeschichte studierte. Emmanuel beeinflusste Messiaen stark durch die Beschäftigung mit altgriechischer Musik und Metrik, sowie durch die Praxis des Harmonisierens von gregorianischen Melodien. Auf beides griff Messiaen später in seinen Kompositionen zurück.
In der Kompositionsklasse von Paul Dukas, der für Messiaen ebenfalls von grosser Bedeutung war, erhielt dieser 1930 seinen letzten ersten Preis, bevor er das Konservatorium mit einem zusätzlichen Diplom höherer musikalischer Studien verliess. 1931 übernahm er die Organistenstelle an der Kirche La Trinité in Paris, die er 60 Jahre lang innehatte.
Obwohl seine Hauptaufgabe in der liturgischen Begleitung während der Messe bestand, hatte er auch die Möglichkeit, Improvisationen zu spielen. Als ihn dies jedoch zu ermüden begann, schrieb er die "Messe de la Pentecôte", in der er all seine früheren Improvisationen zusammenfasste. Dieses Werk ging weit über das hinaus, was man üblicherweise bei einem Gottesdienst in der Kirche hörte.
Die Gemeinde verstand Messiaens eigene Musik nicht und empörte sich über die Modernität und die ätherische Entrücktheit seiner frühen Orgelstücke. 1932 heiratete er die Geigerin und Komponistin Claire Delbos, die wenige Jahre nach der Geburt des Sohnes Pascal von einem Nervenleiden befallen wurde und 1959 starb.
Für Delbos schrieb Messiaen unter anderem den Vokalzyklus "Poèmes pour Mi" und einige Violinstücke. Zusammen mit André Jolivet, Yves Baudrier und Jean-Yves Daniel-Lesur galt Messiaen als Gründer der Jeune France, eine Gruppe von Komponisten, die sich 1936 formierte. Im selben Jahr begann Messiaen seine Lehrtätigkeit. Er unterrichtete Blattspiel am Klavier an der École Normale de Musique de Paris und Orgelimprovisation an der Schola Cantorum.
1939 wurde er zum Kriegsdienst berufen, wo er 1940 beim deutschen Überfall auf Frankreich in Gefangenschaft geriet. Knapp neun Monate verbrachte Messiaen als Kriegsgefangener im Stammlager VIII A der Wehrmacht im Görlitzer Stadtteil Moys, wo er sein später berühmt gewordenes Werk "Quatuor pour la fin du temps" (1940/41) fertigstellte und mit anderen Lagerinsassen zur Uraufführung brachte.
Dies wurde ihm durch den Lagerkommandanten Franzpeter Goebels ermöglicht, der später als Konzertpianist und Klavierprofessor an der Nordwestdeutschen Musikakademie (heute Hochschule für Musik Detmold) bekannt wurde. Nach seiner Rückkehr nach Paris wurde Messiaen 1941 Lehrer am Konservatorium. Er unterrichtete Harmonielehre.
Ab 1947 lehrte Messiaen dort auch Analyse, Ästhetik und Rhythmus. Das Unterrichten in einer Kompositionsklasse wurde Messiaen von der leitenden Behörde dagegen untersagt, da er eines skandalträchtigen Modernismus verdächtigt wurde. Nach dem Krieg komponierte er zwischen 1946 und 1948 mit der "Turangalîla"-Sinfonie ein weiteres wichtiges Werk.
Das zehnsätzige Stück für Orchester, Klavier und Elektronik in Form von Martenot-Wellen entstand für das Boston Symphony Orchestra, dessen damaliger Leiter Sergei Kussewizki den Auftrag erteilt hatte. Erst 1966 durfte er die Kompositionsklasse übernehmen und wurde zum Professor für Komposition ernannt.
Am 1. Juli 1961 heiratete Messiaen die Pianistin Yvonne Loriod, die bereits 1941 Schülerin seiner Klasse am Conservatoire war und fortan auch als eine der wichtigsten Interpreten seiner Musik wurde. 1967 wurde Messiaen in die Académie des Beaux-Arts gewählt. Seine Lehrtätigkeit am Konservatorium beendete Messiaen 1978.
Er bildete in jener Zeit ganze Generationen von wichtigen Komponisten des 20. Jahrhunderts aus. So war er unter anderem der Lehrer von Pierre Boulez, Alexander Goehr, Jean-Louis Petit, Karlheinz Stockhausen und Iannis Xenakis. Wichtige Werke für seine Lehre waren die Bücher "Vingt Leçons d’harmonie" (1939) und "Technique de mon langage musical" (1944).
Nach einem Kompositionsauftrag des Intendanten der Pariser Oper, Rolf Liebermann, schrieb Messiaen zwischen 1975 und 1983 nach eigenem Libretto seine einzige Oper "Saint François d’Assise", deren acht Bilder das Eingehen der göttlichen Gnade in die Seele Franz von Assisis darstellen.
Am 27. April 1992 starb Messiaen im Alter von 83 Jahren in Clichy-la-Garenne, kurz vor der Premiere der zweiten Produktion von "Saint François d’Assise" bei den Salzburger Festspielen, die vom Regisseur Peter Sellars unter der musikalischen Leitung von Esa-Pekka Salonen verwirklicht wurde.
Messiaen schrieb Vokal-, Orcheste- und Kammermusik-Werke sowie Kompositionen für Orgel oder andere Soloinstrumente. Zusammen mit Pierre Henry realisierte er das elektronische Werk "Timbres-durées" für Tonband (1952), das bisher unveröffentlicht ist. Auch knapp 20 andere Werke von Messiaen wurden bisher noch nicht aufgeführt.
Hunderte von Schallplatten enthalten Werke von Messiaen. Unter dem Obertitel "Oeuvres Complètes Pour Orgue" wurden seine Orgelstücke 1957 vom Label "Ducretet Thomson" auf acht 10"-Minialben veröffentlicht. Später versuchten verschiedene Label einen gültigen Gesamtüberblick über Messiaens Schaffen zu geben.
Das Boxset "Edition" (Warner Classics, 2000) umfasste 18 CDs. "La Musique En Couleur" (Naxos, 2007) war eine 10-CD-Box bzw. eine Zusammenfassung von mehreren Veröffentlichungen des selben Labels. "Complete Edition" (Deutsche Grammophon, 2008) war 32 CDs stark und "The Collectors Edition" (EMI Classics, 2008) enthielt auf 14 CDs Werke von Olivier Messiaen.
Über sechs CDs erstreckten sich "Orchestral & Chamber Works, Song Cycles" (Decca, 2008) und "Olivier Messiaen 1908 – 1992" (Naïve und Montaigne, 2008). Im selben Jahr erschien das 8-CD-Set "The Works For Orchestra" (Hänssler, 2008) mit dem SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg. "Organ Works · Piano Works · Songs" (Brilliant Classics, 2008) bestand aus 17 CDs.
Die "Olivier Messiaen Edition" (Warner, 2017) war 25 CDs stark. Peter Hill (p) war Interpret auf den sieben CDs von "The Piano Works" (Regis). Die Aufnahmen auf den auch einzeln erhältlichen CDs waren zwischen 1984 und 1992 realisiert worden. 09/23