Amerikanischer Klarinettist, Komponist und Bandleader zwischen Free Jazz und Klezmer-Musik, geboren am 17. September 1938 in New York City und aufgewachsen teilweise in Los Angeles. Sein Vater war der Komponist und Singer/Songwriter Earl Robinson, der bei Hanns Eisler und Aaron Copland studiert hatte. Dessen Lieder wurden unter anderem von Joan Baez und Frank Sinatra gesungen.
Zudem war Earl Robinson als Komponist für "Warner Brothers" und "MGM" tätig und arbeitete mit Pete Seeger, Leadbelly und Woody Guthrie zusammen. Weil er bekennender Kommunist war, war sein Gastspiel in der Filmmetropole Hollywood nur von kurzer Dauer.
Perry Robinson hatte neunjährig mit dem Klarinettenspiel begonnen und fand via Benny Goodman zum Jazz. 1950 kehrte er mit seiner Familie nach New York City zurück. An der New Music And Arts High School traf er Pete LaRoca und lernte die Bebop-Szene rund um Minton's Playhouse kennen.
Sein damals grösster Einfluss war Tony Scott. Zu jener Zeit entschied er sich auf für die französische Methode des Klarinettenspiels, die sogenannte "double embouchure", bei der beide Lippen das Mundstück berühren. 1959 stellte er mit Jon Mayer (p), Chuck Israels (b) und Arnie Wise (dm) eine erste Band zusammen.
Im selben Jahr begann er an der Lenox Jazz School in Tanglewood, Massachusetts, zu studieren, wo unter anderen Max Roach, Bill Russo, Bill Evans, Kenny Dorham, Gunther Schuller, Jim Hall und die Mitglieder des Modern Jazz Quartets zum Lehrkörper gehörten. Anfang der 1960er Jahre kam Robinson zu ersten Aufnahmen.
Mit Kenny Barron (p), Henry Grimes (b) und Paul Motian (dm) entstand als Perry Robinson 4 "Funk Dumpling" (Savoy, 1962). Später zog er mit seinem Quartett nach Europa. In Madrid begann er - angeregt von Ornette Coleman und Don Cherry, die ebenfalls zu den Lenox-Absolventen und -Lehrern gehörten - freier zu spielen. Darauf verlor er und seine Band den Job, den sie in einem Club hatte.
Er lernte den blinden Pianisten Tete Montoliu kennen und spielte eine Zeitlang mit ihm. Später spielte er in Helsinki mit Archie Shepp (ts) und Bill Dixon (tp). Zwischen 1965 und 1968 bildete Robinson mit David Izenzon (b) und Randy Kaye (dm) das Uni Trio. Aufnahmen vom Januar 1968 fanden erst später den Weg auf die einseitig bespielte LP "Uni Trio" (Sagittarius A-Star, 2013).
Ab Ende der 1960er Jahre war Robinson bei Aufnahmen von Bunky & Jake, dem Liberation Music Orchestra von Charlie Haden, dem Jazz Composer's Orchestra von Carla Bley, der Bley-Peacock Synthesizer Show, Roswell Rudd und anderer beteiligt. Mehrmals wurde er von Gunter Hampel für Aufnahmen beigezogen und war lange festes Mitglied von Hamels Galaxie Dream Band.
1973/74 schloss er sich Darius Brubeck bzw. der Gruppe Two Generations of Brubeck mit Darius, Dave und Chris Brubeck an. The Composers Collective nannte sich eine Gruppe, bei der neben Perry Robinson Mark Whitecage (ts, as), John Fischer (p), Mario Pavone (b) und Laurence Cook (dm) mitmachten. "Poum!" (Composers Collective, 1974) hiess eine Aufnahme dieses Quintetts.
Daraus entwickelte sich die Gruppe INTERface mit Whitecage, Fischer und Robinson als Kern. INTERface existierte von 1974 mit Unterbrüchen bis 1995 und veröffentlichte mehrere Aufnahmen. Im Laufe der Jahre folgten diverse weitere Aufnahmen als Co-Leader oder als Leader.
Mit den Klarinettisten Mark Whitcage, Mike Morgenstern sowie mit Dave LaLama (p, synth), Michael Fleming (b) und Walter Perkins (dm) tat er sich zu Licorice Factory zusammen, um eine gleichnamige LP (Jazzmania, 1985) aufzunehmen. Er war Mitglied/Zuzüger mehrerer Klarinetten-Gruppen wie Clarinet Summit Live, Clarinet Choir, Crystal Clarinets, William Parker Clarinet Trio und German Clarinet Duo.
"Nightmare Island: Live At The „Leverkusener Jazztage" (West Wind, 1989) zeigt Robinson mit Simon Nabatov (p), Ed Schuller (b) und Ernst Bier (dm). Diese Formation nannte sich danach Perry Robinson Quartet und spielte mit "Call To The Stars" (West Wind, 1990), "Still Travelling" (West Wind, 2003) und "Angelology" (Phonector, 2006) drei weitere Aufnahmen ein.
Auf "Still Travelling" war Christoph Adams (p, vcl) an Stelle von Nabatov zu hören. Als Perry Robinson Trio hatten Robinson, Schuller und Bier "Childrens's Song" (Konnex, 2005) und "From A To Z" (Jazzwerkstatt, 2010) eingespielt. Der Komponist Gary Schneider schrieb für Robinson ein Klarinetten-Konzert, das er 1985 mit dem Hoboken Chamber Orchestra uraufführte. Bisher existiert keine Aufnahme dieses mehrfach aufgeführten Concertos.
Unter seinem Namen, als Co-Leader oder als Leiter seiner Gruppen Muruga-Robinson Ensemble, Perry Robinson 4, Perry Robinson Quartet und Perry Robinson Trio kamen im Verlaufe der Jahre über 30 Alben zusammen.
Weitere Aufnahmen machte Robinson mit Jake & The Family Jewels, Bobby Naughton Unit, John Hammond, dem Poeten Allen Ginsberg, Jeanne Lee, Grachan Moncur III, Theo Jörgensmann, Dan Rose, Marty Cook & The New York Sound Explosion, John Fischer, Annette Peacock, Klezmokum (sd), Klez-Edge, Lou Grassi, Anthony Braxton, Ray Anderson, Steve Swell, Patrick Favre, Dom Minasi, Anat Fort, Jacques Coursil, Jimmy Bennington und anderen.
2002 erschien seine Autobiografie "The Traveler". Perry Robinson starb am 2. Dezember 2018 Jersey City, New Jersey. Er wurde 80 Jahre alt. Danach erschienen weitere Aufnahmen. 07/24