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Pierre Boulez

Französischer Komponist und Dirigent, geboren am 26. März 1925 in Montbrison, im Département Loire. Er wollte Mathematik und technische Wissenschaften studieren, wurde 1943 Kompositionsschüler von Olivier Messiaen am Pariser Konservatorium und studierte 1945/46 bei Andrée Vaurabourg, der Gattin von Arthur Honegger, und René Leibowitz.


Von 1946 bis 1956 war er musikalischer Leiter des Ensembles Madeleine Renaud/Jean-Louis Barrault im Théâtre Marigny. 1951 beschäftigte er sich innerhalb der Groupe de Recherches Musicales von Pierre Schaeffer mit der Musique concrète und besuchte 1952 erstmals die Internationalen Ferienkurse für Neue Musik in Darmstadt.


Dort wirkte er von 1955 bis 1967 als Dozent und als Dirigent des Darmstädter Kammerensembles. 1954 gründete er in Paris die Konzertreihe Domaine Musical, die er bis 1967 leitete, und wurde Gastdirigent des Südwestfunk-Orchesters in Baden-Baden. Von 1960 bis 1963 lehrte er an der Musikakademie in Basel und 1963 an der Harvard University in Cambridge, Massachusetts.


1966 debütierte er als Drigent mit dem "Parsifal" bei den Bayreuther Festspielen, wo er von 1976 bis 1980 den "Ring des Nibelungen" in der zunächst umstrittenen Inszenierung von Patrice Chéreau dirigierte. Nach anfänglich harscher Kritik galt diese Aufführung bald als "Jahrhundert-Ring". Dokumentiert ist diese Nibelungenversion auf einem acht DVD umfassenden Boxset (Deutsche Grammophon, 2005).


Von 1967 bis 1972 war er Gastdirigent des Cleveland Orchestra, von 1971 bis 1975 leitete er das BBC Symphony Orchestra und von 1971 bis 1977 war er Nachfolger von Leonard Bernstein als Leiter des New York Philharmonic Orchestras. 1976 gründete in Paris am Centre Pompidou das Institut de recherche et coordination acoustique/musique (IRCAM), dessen Direktor er von 1976 bis 1992 war.


Ebenfalls in Paris war er Gründer und von 1976 bis 1978 Leiter bzw. Dirigent des Ensembles Intercontemporain. 1984 arbeitete er mit Frank Zappa zusammen und dirigierte sieben Kompositionen Zappas, die auf dem Album "Boulez Conducts Zappa: The Perfect Stranger" (EMI, 1984) erschienen. Die Musiker stammten von Boulez' Ensemble Intercontemporain.


Ab den 1990er Jahren arbeitete Boulez als Dirigent bei Konzerten und CD-Einspielungen überwiegend mit führenden Traditionsorchestern zusammen, unter anderem den Berliner Philharmonikern und den Wiener Philharmonikern. 2004 kehrte er als Dirigent des "Parsifal" in der Inszenierung von Christoph Schlingensief nach Bayreuth zurück.


Als Komponist schrieb Boulez Kammermusik, Ensemble-, Vokal- und Orchesterwerke. Er gilt neben Karlheinz Stockhausen und Luigi Nono ab Mitte der 1950er Jahre zu den wichtigsten Vertretern der musikalischen Avantgarde, speziell der seriellen Musik. In seinen Kompositionen verbindet Boulez Rationalität und Logik mit den Traditionen der französischen Musik, vor allem des Impressionismus.


Seine erste Schaffensphase war von einer äusserst kritischen Einstellung zum eigenen Werk sowie zu den Kompositionen anderer geprägt. So störte er mehrfach mit Gleichgesinnten Aufführungen konservativerer Kollegen und zog zahlreiche Frühwerke wieder zurück. Aber auch später überarbeitete er seine älteren Werke immer wieder, so dass sie kaum je die endgültige Form erreichten, sondern immer nur Stufen eines kompositorischen Entwicklungsprozesses darstellten.


Sein erstes richtiges Werk "12 Notations" schrieb Pierre Boulez 1945. Es handelte sich um 12 Klavierstücke à je 12 Takte, die in der Tradition von Olivier Messiaens sehr unregelmässig angelegt sind. Von 1978 bis 1997 arbeitete Boulez das Werk unter den Titeln "Notations I–IV" und "Notation VII" in Orchesterversionen um.


Weitere Frühwerke waren die Klaviersonate Nr. 1 (1946), die Sonatine für Flöte und Klavier (1946) und das Vokalwerk "Le visage nuptial", dessen ersten Fassung (1946) für Sopran, Alt und Kammerorchester geschrieben war. Eine zweite Fassung Fassung für Sopran und grosses Orchester (1950/51) folgte später.


Ab Ende der 1990er Jahre konzentrierte sich Boulez vor allem auf das Dirigieren und schrieb kaum neue Werke mehr. Seine letzten Kompositionen waren "Sur incises" (1996/1998) für drei Klaviere, drei Harfen und drei Hammerklaviere sowie "Anthèmes 2" (1997/2008) für Violine und Elektronik. Später folgte das Klavier-Werk "Une page d'éphéméride" (2005).


Von Boulez erschienen mit dem Aufkommen der LP eine ganz grosse Anzahl von Schallplatten, die sein Werk als Komponist und Dirigent aufzeigen. Auf den ersten wurden Boulez' Werke solchen von Anton Webern, Luigi Nono, Karlheinz Stockhausen, Luciano Berio, Olivier Messiaen, Edgar Varèse, Arnold Schönberg, Henri Pousseur, Mauricio Kagel oder Igor Strawinsky gegenüber gestellt.


Später folgten viele Schallplatten, die ausschliesslich Werke von Pierre Boulez aufwiesen. Unter dem Titel "Œuvres Complètes-Complete Works" (Deutsche Grammophon und Universal Music France, 2013) erschien eine 13 CD umfassende Box, die das Schaffen von Boulez als Komponisten zusammenfasste.


Die Triple-CD "Boulez Conducts Boulez" (Sony Classical, 2009) zeigt Boulez als Dirigent seiner eigenen Werke. 67 CD stark war "The Complete Columbia Album Collection" (Sony Classical, 2014). "Boulez 90" (Deutsche Grammophon, 2015) erstreckte sich über 44 CD und zeigte ihn zu seinem 90. Geburtstag als Dirigent fremder und eigener Werke.


Auch "The Complete Erato Recordings" (Erato, 2015) enthielt auf 14 CD eigene und fremde Werke, ebenso die 10-CD-Box "Le Domaine Musical - 1956...1967" (Accord und Universal, 2015). Pierre Boulez starb am 5. Januar 2016 90-jährig in seinem Haus in Baden-Baden.


Er war seit längerem krank und konnte deshalb nicht mehr an den diversen Feierlichkeiten zu seinem 90. Geburtstag am 26. März 2015 teilnehmen. Sein Werk als Dirigent wurde im Rahmen des 84 CD und vier Blu-ray umfassenden Sets "The Conductor: Complete Recordings On Deutsche Grammophon And Decca" (Deutsche Grammophon, 2022) dargestellt.

06/23

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