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Pierre Schaeffer

Französischer Komponist, Schriftsteller und Musiktheoretiker, geboren am 14. August 1910 in Nancy, Lorraine. Erstmals auf sich aufmerksam machte er mit "Liberation de Paris" (Disc, 1944). Es handelte sich um ein Set von vier Schellack-Schallplatten, auf denen die Befreiung von Paris durch die Allierten im August 1944 in Form von Feldaufnahmen, Radiobeiträgen, Reden und Gedichten dokumentiert wurde.


Ein Jahr später erschien das aus drei Schellack-Schallplatten bestehende Set "The Liberation Of Paris" (Asch, 1945). Es handelte sich vermutlich um eine englische Version mit Orson Welles als Erzähler. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Schaeffer, der eigentlich Ingenieur war, beim französischen Rundfunk. Dort experimentierte er mit Alltagsgeräuschen, die er zunächst auf Schallplatten, ab 1951 auch auf Tonband aufnahm.


Diese Geräusche verfremdete er und montierte sie zu neuen Klangkompositionen. Die Verfremdung beschränkte sich auf die Wiedergabegeschwindigkeit und -richtung. Ausserdem entwickelte er eine Möglichkeit, kurze Abschnitte einer Schallplatte als Schleife wiederzugeben. Die dabei entstandene experimentelle Musik nannte er Musique concrète. Sie hatte grossen Einfluss auf die elektronische Musik und das Hörspiel.


Mit der Musique concrète hinterfragte Schaeffer nicht nur das traditionelle Instrumentarium, sondern löste gleichzeitig auch das Verhältnis zwischen Komponist und Interpret auf. Mit seinem Buch "Traité des objets musicaux" schuf er zum ersten Mal ein sprachliches System, das es ermöglicht die neuen musikalischen Strukturen der elektroakustischen Musik zu erfassen und zu kommunizieren.


Er reagierte damit vor allen Dingen auf eine Entwicklung, die er selbst angestossen hatte. Die Musique concrète erforderte nämlich, da sie sich gezielt von harmonischen Strukturen losgelöst hatte, zum einen einen neuen theoretischen Unterbau und zum anderen einen neuen Sprachschatz. Zum Buch veröffentlichte Schaeffer sein "Solfège de l´objet sonore". Es handelte sich um eine Triple-LP (Office de Radiodiffusion-Télévision Française (ORTF), 1967).


Der zur Mitte des 20. Jahrhunderts schwelende Theorienstreit zwischen der Musique concrète aus Paris und der elektronischen Musik Kölner Prägung wurde in der öffentlichen Wahrnehmung oft auf die Personen Pierre Schaeffer und Karlheinz Stockhausen reduziert.


Schaeffer hatte 1958 in Paris die Groupe de recherches musicales (GRM), ein Institut bzw. eine Gruppe von Komponisten zur Erforschung der elektroakustischen Musik, gegründet. Sie war eine von mehreren theoretischen, und zugleich experimentell arbeitenden Gruppen, die unter dem Dach von Schaeffers Service de la Recherche am französischen Rundfunk ORTF gebündelt waren. Ziel der GRM war es, eine Plattform zu entwickeln, die der Forschung auf den Gebieten der audiovisuellen Kommunikation, der Musik sowie anderer hörbarer oder medialer Phänomene diente.


Von Schaeffer erschienen im Verlaufe der Jahre viele Aufnahmen sowie mehrere Compilations. Im Rahmen der 4-CD-Box "L'Œuvre Musicale" (INA-GRM, 1990) wurde ein Teil seiner Werke zusammengefasst, darunter auch seine beiden mehrteiligen Aufnahmen "Symphonie Pour Un Homme Seul" (1949/50) und "Écho D'Orphée" (1953), die er mit Pierre Henry erarbeitet hatte.


Andere 4-CD-Sets wie "Dix Ans d'Essais Radiophoniques Du Studio Au Club D'Essai: 1942-1952" ‎(Phonurgia Nova, 1989), "La Coquille À Planètes: Suite Fantastique Pour Une Voix Et Douze Monstres En Huit Emissions Radiophoniques" (Disques Adès, 1990) und "Paroles D'Homme" (INA-GRM, 2008) zeigten das Schaffen von Schaeffer im Bereich Hörspiel auf.


Bei "L'expérience Musicale–1959" (Transversales Disques, 2021) handelte es sich um sechs Radiosendungen, die Schaeffer im Auftrag der GRM für das französische Staatsradio zusammengestellt hatte. Darin erklärt Schaeffer anhand von vielen Soundbeispielen seine Musik und seine Theorie. Das Ganze erschien in DL-Form. Pierre Schaeffer war am 19. August 1995 in Aix-en-Provence, Bouches-du-Rhône, verstorben. 05/23

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