Amerikanischer Pianist, Komponist, Bandleader geboren am 10. September 1908 in Brooklyn, New York als Harry Warnow als Sohn russischer Einwanderer. Schon im Alter von 15 Jahren trat er als professioneller Pianist öffentlich auf. Gleichzeitig schrieb er seine ersten Kompositionen. Nach einem Abschluss an der Juilliard School Of Music wurde er 1934 als Pianist in die CBS Radio Band engagiert.
Zur selben Zeit formierte er mit The Instrumentalists seine erste eigene Band. "Christmas Night In Harlem" wurde im selben Jahr sein erster Hit, den später auch Louis Armstrong spielte. 1935 gründete er mit "Universal Music" und mit "Circle Music" ein eigenes Label bzw. einen eigenen Musikverlag. 1936 gründete er sein erstes Raymond Scott Quintette bzw. Quintet.
Mit diesen Gruppen hatte er mehr musikalische Freiheiten als in der CBS Radio Band. Der ersten Formation gehörten Dave Harris (ts), Bunny Berigan (tp), Pete Pumiglio (cl), Louis Shoobe (b) und Johnny Williams (dm) an. Berigan wurde nach kurzer Zeit durch Dave Wade ersetzt. Die Gruppe schlug derart ein, dass ihr Irving Mills, der Manager von Duke Ellington, einen Vertrag für sein "Master"-Label offerierte.
Raymond Scott schrieb nicht eine Note auf, sondern liess sein Quintett die Stücke während des Probens entwickeln. Scott's Musik kam in Jazzkreisen kaum an, doch der angebliche Pseudo-Jazz verkaufte sich wie wild. Das Raymond Scott Quintet spielte die Musik zu mehreren Hollywood-Filmen ein und trat in der wöchentlichen CBS-Radioshow "Your Hit Parade" sowie in anderen Radioprogrammen auf.
Paul Whiteman bestellte bei Scott 17 Orchester-Arrangements von Scott-Kompositionen. Auch andere Bands spielten Scott-Stücke. 1938 wurde Scott musikalischer Direktor von CBS Radio. 1940, nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges, verliess er CBS, um sein erstes Raymond Scott Orchestra zu formieren.
Um sein erstes Musikstudio zu finanzieren, ging er mit dem Orchestra auf Tournee und komponierte Musik für das American Ballet Theatre. Mit The Novelteers gründete er 1940 eine weitere eigene Gruppe. 1941 begleitete er Frank Sinatra, Perry Como und andere und stellte mit The Captivators eine weitere Gruppe auf die Beine.
1942 kehrte Scott zu CBS zurück, wo er das erste gemischtrassige Studio-Orchester zusammenstellte. Ihm gehörten unter anderem Cozy Cole, Benny Morton, Coleman Hawkins, Ben Webster, Emmett Berry und Charly Shavers an. Doch damit nicht genug. Scott formierte im selben Jahr sein zweites Quintette und mit The Secret Seven eine Band, dessen Mitglieder anonym blieben.
Ab 1943 begann "Warner" Scott-Titel für die Zeichentrickfilm-Serie "Bugs Bunny" zu verwenden. Mit The Sophisticators gründete er eine weitere Band. In den ersten Nachkriegsjahren komponierte er die Musik für diverse Hollywood-Filme und Broadway-Shows. 1946 gründete er mit "Manhattan Research Inc." eine Firma und ein Studio, mit denen er die Möglichkeiten der elektronischen Musik ergründen wollte.
Dafür liess Raymond Scott mehrere elektronische Instrumente, wie The Orchestra Machine, The Talking Alarm Clock, Automatic Scanning Radio oder den Sound-Effekt-Generator Karloff patentieren. 1949 baute Scott einen ersten Ur-Synthesizer. Dazwischen schrieb er weitere Musik für Konzertsaal ("Suite For Violin And Piano" von 1951), Ballett, Film (unter anderem auch für Alfred Hitchcock) und Werbung (Lucky Strike).
1948 stellte er sein drittes sowie 1952 sein viertes und 1962 sein fünftes und letztes Raymond Scott Quintette auf die Beine. 1952 baute er die weltweit ersten Multitrack-Aufnahmegeräte, die sieben bzw. 14 Spuren aufwiesen. Ein Jahr später erfand er den Sequenzer und ab 1954 begann er mit Robert Moog, dem Erfinder und Erbauer des Moog-Synthesizers, zusammen zu arbeiten.
Mit "Master" und "Audiovox" gründete Scott weitere eigene Labels, für die er die Sängerin Gloria Lynne und den Gitarristen und Sänger Bo Diddley entdeckte. Ab 1958 bis in die frühen 1970er Jahre entwickelte er weitere Geräte. Er erfand er ein System, das Textdokumente elektronisch kopieren konnte und diese via Kopiergerät oder via Telefonleitung an entfernter Stelle auszudrucken konnte.
Er erfand zudem elektronische Musikgeräte wie The Circle Machine, The Electronium, The Rhythm Synthesizer, The Pitch Sequencer, Serial Doorbell, die Drum-Maschine Bandito The Bongo Artist, Automatic Rhythmic Keying Device For Electronic Keyboard, The Juxtaposition Matrix, Bassline Generator, Synthesized Gong, Voice Modulator, Melody Maker, Rhythm Guitar Simulator oder das Musical Measurement Readout System.
Seine Erfindungen liess er alle patentieren und verkaufte sie später an Firmen wie Xerox, Atari, Sony und IBM weiter. 1959 nahm er mit einer bis heute anonym gebliebenen All-Star-Band, die er wie erwähnt The Secret Seven nannte, die LP "The Unexpected" (Top Rank, 1960) auf. 2004 wurden diese Aufnahmen im Rahmen der "Essential Reissue Series" vom Label "Basta" wieder veröffentlicht.
Nat Henthoff schrieb in den Liner-Notes, dass für Jazzfans die Identität der Musiker leicht zu erraten sei. Dazu hatte er mit seinen elektronischen Instrumenten auch erste Soundtracks und Werbe-Jingles eingespielt. 1962 nahm er unter dem Titel "Soothing Sounds For Baby" (Epic, 1962) drei Alben mit elektronischer Musik für Babys im Alter zwischen einem und 18 Monaten auf.
Die Tracks dieser Alben bestanden aus minimalen, repetitiven Melodie- und Rhytmus-Mustern und dürften all den Electronica-Künstlern und -Bands von Philip Glass, Terry Riley und Kraftwerk an erste Impulse geliefert haben. Die drei LPs wurden 1997 von "Basta" in Form einer 3-CD-Box wieder veröffentlicht.
1969 machte er seine letzten Aufnahmen mit einem Orchester. Es handelte sich um ein Werk für den 100. Geburtstag des Kentucky Bourbon. 1970 traf er auf Berry Gordy, den Chef des Soul-Labels "Motown". Dieser kaufte Scott dessen Electronium ab und engagierte ihn als Direktor für die Erforschung und Entwicklung von elektronischer Musik nach Kalifornien.
Dort entwickelte er weitere Instrumente und zog sich 1977, nach ersten Herzoperationen, zurück. Obwohl er mehrere Herzinfarkte hatte und Operationen über sich ergehen lassen musste, war Scott bis 1987 aktiv. 1988 hatten ihn die Herzprobleme so gezeichnet, dass er fortan gelähmt war.
Scott starb am 8. Februar 1994 im Alter von 85 Jahren in North Hills, California. Raymond Scotts Musik kam zuerst auf verschiedenen Schellack-Schallplatten heraus, doch inzwischen ist sie auf einer ganzen Reihe von Compilations und Reissues wieder greifbar. Auf dem Label "Ajaz" erschien, vermutlich in den 1960er Jahren, unter dem Obertitel "The Complete Raymond Scott" eine fünfteiltige LP-Serie.
Auf der Doppel-CD "Manhattan Research Inc." (Basta, 2000) wurde Scotts Schaffen auf elektronischen Geräten von 1959 bis 1969 zusammengefasst. Dazu gab's ein 144 Seiten umfassendes Buch, in dem die Erfindungen beschrieben und abgebildet sind. Sämtliches Material wurde vorher noch nie veröffentlicht. 2008 erschien dann das selbe Material beim gleichen Label auch als Triple-CD.
Teile von Scott Musik wurden später von verschiedenen Bands und Künstlern gesampelt oder interpretiert, darunter auch von Soul Coughing, The Cocktails und dem Kronos Quartet. The Beau Hunks Saxttete alias The Wooden Indians aus Holland spielte drei Aufnahmen mit lauter Scott-Kompositionen ein.
Auch Dave Harris And The Powerhouse Five und das Warner Brothers Orchestra unter Carl Stalling nahmen Scott-Titel auf. "Happy Hour For A Pack Of Screaming Monkeys" (Esotericity, 1998) war ein Scott-Tribut-Album mit 19 Beiträgen. "Deconstructing Dad: The Music. Machines And Mystery Of Raymond Scott" (Waterfall, 2010) hiess eine DVD mit einem Film von Stan Warnow.
Die Doppel-CD "Raymond Scott Songbook" (Daisyworld, 2013) enthielt auf CD 1 Tracks seiner diversen Bands und Stücke. CD 2 bestand aus Coverversionen von Scott-Kompositionen, gespielt von weitgehend unbekannten, japanischen Bands und Musikern. Von Raymond Scott erschienen im Laufe der Jahre Dutzende von Aufnahmen bzw. Compilations oder Reissues.
Remixes von Scott-Werken von The Evolution Control Committee, The Bran Flakes und Go Home Productions wurden auf der CD "Raymond Scott Rewired" (Basta, 2014) veröffentlicht. "Three Willow Park: Electronic Music From Inner Space, 1961–1971" (Basta, 2017) nannte sich eine Doppel-CD mit bisher noch nie veröffentlichtem Material in Form von Outtakes, Demos, Skizzen oder Versuchen. 12/23