top of page
musicmakermark

Roscoe Mitchell

Amerikanischer Sopran- und Altsaxophonist, Klarinettist, Komponist und Bandleader, geboren am 3. August 1940 in Chicago, Illinois. Bei seinem Onkel Charles Commodore Carter, der ein bekannter Prediger, Künstler und Mystiker war, begann Mitchell zu singen, tanzen und seine ersten Kompositionen zu spielen.



In der High School Band spielte er Bariton- und später Altsaxophon. Während seiner Armyzeit war er in Heidelberg stationiert und dort Mitglied der Headquarters USARA Band. Auch Albert Ayler gehörte damals dieser Armeekapelle an.

 

Nach der Army spielte er 1961 mit Henry Threadgill und Malachi Favors in Combos, die im Stile von Art Blakey, Ornette Coleman, Albert Ayler oder Sonny Rollins musizierten. Dann gehörte er dem Kreis um Muhal Richard Abrams und seiner Experimental Band an.

 

Dort traf er auch auf Anthony Braxton, einem anderen wichtigen Neuerer der freien Improvisation. Im Mai 1965 gründeten Muhal Richard Abrams, Steve McCall, Phil Cohran und Jodie Christian die Musikerselbsthilfe-Organisation AACM, die Association For The Advancement Of Creative Musicians, der auch Mitchell beitrat.

 

Im selben Jahr wurde Mitchell erstmals zu Schallplattenaufnahmen beigezogen. Zusammen mit anderen AACM-Musikern wie Steve McCall (dm), Lester Bowie (tp) und Julian Priester (tb) begleitete er den weissen Bluessänger- und Gitarristen Nick Garvenites auf dessen 7"-Single "Whole Lotta Soul/Drunken Boat" (Out Of Sight, 1965).

 

Bei dieser Session machten auch andere weisse Bluesmusiker wie Paul Butterfield (hca), Mike Bloomfield (g) und Elvin Bishop (g) mit. Eine Session vom Sommer 1965 mit Fred Berry (tp), Malachi Favoris (b) und Alvin Fielder (dm) wurde erst Jahrzehnte später unter dem Titel "Before There Was Sound" (Nessa, 2011) überhaupt veröffentlicht.

 

Im August 1966 nahm das Roscoe Mitchell Sextet mit Lester Bowie (tp, flh, harm), Lester Lashley (tb, cello), Maurice McIntyre (ts), Malachi Favors (b) und Alvin Fielder (dm) die LP "Sound" (Delmark, 1966) auf, das erste AACM-Tondokument überhaupt.

 

1967 war er Mitglied einer Gruppe von Lester Bowie (tp), die im August im Trio mit Mitchell und Malachi Favors (b) sowie im Quartett mit zusätzlich Joseph Jarman (reeds) die Doppel-LP "Numbers 1 & 2" (Nessa, 1967) einspielte. Mit diesen beiden Aufnahmen wurden die Weichen für das spätere Art Ensemble Of Chicago gestellt.

 

Im Mai des selben Jahres hatte Mitchell mit Bowie, Favors und Phillip Wilson (dm) Aufnahmen gemacht, die zusammen mit einem Solostück von Mitchell erst viel später unter dem Titel "Old/Quartet" (Nessa, 1975) erschienen. Im Februar und März 1969 nahm Mitchell mit Bowie und Favors im Trio sowie mit Robert Crowder (dm) im Quartet unter dem Gruppennamen Roscoe Mitchell Art Ensemble die LP "Cogliptious" (Nessa, 1968) auf.

 

Die drei "Nessa"-LPs wurden zusätzlich mit weiterem Material, auf dem Mitchell, Bowie und Favors sowie teilweise Jarman auch von Charles Clark (b) und Thurman Barker (dm) begleitet wurden, später auf der 5-CD-Box "The Art Ensemble 1967/68" (Nessa, 1993) wiederveröffentlicht.

 

Später erschienen von Mitchell viele weitere Quartett-Einspielungen (siehe Roscoe Mitchell in Quartettaufnahmen). Bei den "Nessa"-Aufnahmen von 1967/68 nahm das spätere Art Ensemble Of Chicago endgültig Gestalt an. Roscoe Mitchell, Lester Bowie, Joseph Jarman und Malachi Favors spielten vorerst weiterhin in anderen AACM-Gruppen.

 

Sie zogen gemeinsam 1969 nach Paris, wo das Roscoe Mitchell Art Ensemble als Art Ensemble Of Chicago angekündigt wurde und danach zu vielen Auftritten und Aufnahmen kam. Durch den Zuzug von Don Moye (dm, perc) erhielt das Art Ensemble seine endgültige Quintett-Besetzung.

 

Im Winter 1971/72 kehrten Mitchell und das Ensemble nach Chicago zurück. Während seines Paris-Aufenthaltes und danach war Mitchell neben seiner Arbeit im äusserst aktiven Art Ensemble vor allem für andere Musiker tätig. Ab 1974 erschien dann eine ganze Reihe von Aufnahmen unter eigenem Namen.

 

Als erstes kam die LP "The Solo Saxophone Concerts" (Sackville, 1974) mit Soloaufnahmen vom Oktober 1973 und vom Juli 1974 heraus. Später veröffentlichte Mitchell eine ganze Reihe von weiteren unbegleiteten Soloeinspielungen (siehe Roscoe Mitchell in Soloaufnahmen).

 

Mitte bis Ende der 1970er Jahre arbeitete Mitchell intensiv mit Anthony Braxton (reeds, fl) und George Lewis (tb) zusammen. Mitchell war, wie George Lewis, Mitglied des prominent besetzen Creative Orchestras von Anthony Braxton. Dieses nahm im Februar 1976 in New York für "Creative Orchestra Music 1976" (Arista, 1976) sechs Braxton-Kompositionen auf.

 

Im Dezember des selben Jahres entstand die Duo-LP "Duets With Anthony Braxton" (Sackville, 1978). Später realisierte Mitchell mit anderen Musikern und Musikerinnen eine ganze Reihe von weiteren Duoeinspielungen (siehe Roscoe Mitchell in Duoaufnahmen).

 

Auf "For Trio" (Arista, 1978) spielten Mitchell und Braxton im Trio mit Joseph Jarman eine Version des Titelstücks ein. Die andere stammte von Braxton mit Henry Threadgill und Douglas Ewart. Sämtliche Musiker bedienten bei diesen Aufnahmen Dutzende von Instrumenten.

 

Roscoe Mitchell gab später als Leader eine ganze Reihe von weiteren Trioalben heraus (siehe Roscoe Mitchell in Trioaufnahmen). Im Dezember 1977 holte ihn George Lewis (tb) für einen Sextett-Track der LP "George Lewis" (Black Saint, 1978) zusammen mit Douglas Ewart (reeds), Leroy Jenkins (vio), Anthony Davis (p) und Abdul Wadud (cello) ins Studio. Diese LP wurde 1994 unter dem neuen Titel "Shadowgraph" in CD-Form wiederveröffentlicht.

 

Im Juli und August 1978 holte Mitchell Musiker wie Anthony Braxton (reeds, perc), Thurman Barker (dm, perc), Douglas Ewart (reeds, perc), Malachi Favors (b, perc), Joseph Jarman (reeds, perc), Don Moye (dm, perc) und Henry Threadgill (reeds, fl, perc) für die Aufnahmen von "LRG/The Maze/SII Examples" (Nessa, 1978) ins Studio.

 

Die Doppel-LP enthielt je eine Soloaufnahme, ein Stück, auf dem nur Bläser im Einsatz sind sowie ein Track, auf dem die acht Musiker als Perkussionisten fungieren. Im Juni 1979 taten sich Musiker wie Braxton, Lewis, Ewart, Marty Ehrlich (reeds), Kenny Wheeler (tp, flh), Ray Anderson (tb), Marilyn Crispell (p), Pheeroan Aklaff (dm, perc) in Paris zu einem Grossorchester zusammen.

 

Als Roscoe Mitchell Creative Orchestra nahm dieses Ensemble "Sketches From Bamboo" (Moers, 1979) auf, als Leo Smith Creative Orchestra "Budding Of A Rose" (Moers, 1979). Mitte Dezember 1980 hatte Roscoe erstmals mit seinem Sound Ensemble (siehe Roscoe Mitchell & The Sound Ensemble) Aufnahmen gemacht.

 

Mit Space, seinem 1979 gegründeten Trio mit Thomas Buckner (baritone) und Gerald Oshita (div sax), ging Mitchell erstmals in Richtung moderne E-Musik. Es folgten weitere solche Aufnahmen (siehe Roscoe Mitchell in zeitgenössischer Musik). 1992 gründete er mit Note Factory (siehe Roscoe Mitchell & The Note Factory) eine weitere Formation.

 

Nach einer mehrjährigen Pause tauchte Roscoe Mitchell mit einem neu formierten Quintett und der CD "Turn" (Rogueart, 2005) mit einer vereinfachten Version seiner Formation Note Factory wieder auf. Zu seinen Begleitern zählten Craig Taborn (p), Corey Wilkes (tp, flh), Jaribu Shahid (b) und Tanni Tabbal (dm, perc).  

 

Im Transatlantic Art Ensemble verschmolzen ab 2004 Roscoe Mitchell und Evan Parker ihre Formationen Note Factory und das Parker/Guy/Lytton-Trio miteinander. Dies geschah unter dem Zuzug von anderen Musikerinnen und Musikern von dies- und jenseits des Atlantiks.

 

"Composition/ Improvisation Nos. 1, 2 & 3" (ECM, 2007) hiess eine erste Aufnahme, welche die Handschrift von Roscoe Mitchell trug. Der von Evan Parker gestaltete  Zweitling dieser Formation nannte sich "Boustrophedon" (ECM, 2008), aufgenommen in der selben Besetzung.

 

Unter dem Titel "The Complete Recordings On Black Saint & Soul Note" (Cam, 2015) wurden auf neun CD fast sämtliche Aufnahmen von Mitchell wiederveröffentlicht, die er für die beiden italienischen Schwesterlabel veröffentlicht hatte. Darunter befanden sich auch Aufnahmen von Muhal Richard Abrams und George Lewis, bei denen Mitchell mitgewirkt hatte.


Auf "Nessuno" (I Dischi Di Angelica, 2016) wurde eine Begegnung von Pauline Oliveros (acc), Roscoe Mitchell (as, ss, fl), John Tilbury (p) und Wadada Leo Smith (tp) vom 8. Mai 2011 bei einem Festival in Italien dokumentiert. Im Museum of Contemporary Art in Chicago wurde aus Anlass des 50. Geburtstages der AACM die Doppel-CD "Bells For The South Side" (ECM, 2017) aufgezeichnet. Mitchell fügte vier seiner Trios zu einem Ensemble zusammen.

 

Es bestand neben dem Leader (sops, ss, as, bas, fl, picc, b-recorder, perc) aus James Fei (sops, as, contra-alt-cl, elect), Hugh Ragin (tp, picc-tp), Tyshawn Sorey (tb, p, dm, perc), Craig Taborn (p, org, elect), Jaribu Shahid (b, e-b, perc), Tani Tabbal (dm, perc), Kikanju Baku (dm, perc) und William Winant (perc, tubular bells, glockenspiel, vibes, marimba, roto toms, cymbals, b-dm, woodblocks, pimpani).

 

Weiter ist Mitchell auf Aufnahmen von Rob Mazureks Exploding Star Orchstra, Nicole Mitchells Black Earth Ensemble, dem Montreal-Toronto Art Orchestra Ben Sidran, Jodie Christian, György Szabados, Yuganaut, Discussions Orchestra, Ostravska Band, Brus Trio, Yuganaut und Tom Hamilton zu hören.                                       12/24

 

8 Ansichten

Aktuelle Beiträge

Alle ansehen

Af Ursin

bottom of page