Eine vom amerikanischen Sopransaxophonisten Steve Lacy oft genutzte Ensemblegrösse war diejenige des Quintetts bzw. später des Sextetts. Der Gruppennamen Steve Lacy Quintet tauchte zum ersten Mal auf der LP "Mal Waldron With The Steve Lacy Quintet" (America, 1972) auf. Es handelte sich um Aufnahmen vom Mai 1972 von Mal Waldron (p) mit Lacy, Irene Aebi (cello, vcl), Kent Carter (b) und Noel McGhie (dm).
Das eigentliche Steve Lacy Quintet bestand aber zu jener Zeit aus Steve Potts (as, ss) an Stelle von Waldron. Mit Potts entstand nämlich ebenfalls im Mai 1972 die LP "The Gap" (America, 1972). Zwei, drei Monate davor hatte das Lacy Quintet mit Potts bei einem Auftritt in Portugal jene Stücke gespielt, die auf der LP "Estilhaços" (Guilda Da Música, 1972) veröffentlicht wurden.
Die frühesten Aufnahmen des damaligen Quintetts überhaupt stammten von einem Auftritt am 24. Oktober 1971 in Ghent und kamen erst mit einer Verspätung von 33 Jahren auf der CD "Gravensteen Ghent 1971" (Naked, 2004) heraus. Studio-Quintettaufnahmen von Lacy, Potts, Aebi und Carter sowie mit Oliver Johnson (dm) neu an Stelle von McGhie vom 26. Januar 1973 bekamen den Titel "The Woe".
Es handelte sich um eine Komposition für Quintett, Stimme und zwei Kassettenrekorder, auf denen Kriegsgeräusche abgespielt wurden. "The Woe" wurde erstmals als B-Seite der LP "Crops & The Woe" (Quark, 1979) veröffentlicht. Die A-Seite bestand aus weiteren Solo-Liveaufnahmen von einem Auftritt von Lacy von 1972 in Avignon, die den Titel "Solo-Théâtre Du Chêne Noir" (Emanem, 1974) getragen hatten.
Später war "The Woe" Teil der CD "Weal & Woe" (Emanem, 1995). Hier wurde die Schallplatte mit den ursprünglichen acht Titeln der "Solo-Théâtre Du Chêne Noir"-Soloaufnahmen gekoppelt. Von einem Quintettauftritt am 26. Februar 1975 stammten die Aufnahmen auf der nachträglich veröffentlichte CD "Esteem: Live In Paris, 1975" (Atavistic, 2006).
Schlagzeuger auf dieser Aufnahme war Kenneth Tyler, der für Oliver Johnson einsprang. Eine erweiterte Version des Steve Lacy Quintets war Mitte Mai 1975 für die Aufnahmen von "Dreams" (Saravah, 1975) im Studio. Zum Quintett Lacy, Potts, Aeby, Carter und Tyler gesellten sich Derek Bailey, Jean-Jacques Avenel als zweiter Bassist sowie teilweise Jack Treese und Boulou Ferré als zweiter und dritter Gitarrist.
Weitere Aufnahmen unter dem Gruppennamen Steve Lacy Quintet waren live am 11. April 1977 am Workshop Freie Musik in Berlin entstanden. Am Schlagzeug sass wieder Oliver Johnson. Der Mitschnitt wurde als "Follies" (FMP, 1978) herausgebracht. Zwei längere Tracks dieser LP wurden später mit Soloaufnahmen von Lacy vom April und November 1975 auf der CD "In Berlin" (FMP, 2011) zusammengefasst.
Liveaufnahmen vom August 1977 in Willisau und vom Februar 1978 in Paris erschienen auf der Doppel-LP "Stamps" (Hat Hut, 1979). Studioaufnahmen vom 24. und 25. Mai 1979 wurden unter dem Titel "Troubles" (Black Saint, 1979) zugänglich gemacht. Am 23. Januar 1979 waren bei einem Auftritt in Basel Aufnahmen gemacht worden, die sechs Jahre später den Weg auf die Doppel-LP "The Way" (Hat Hut, 1985) fanden.
Das Quintett, das auch damals in der langlebigen Besetzung mit Lacy, Potts, Aebi, Carter und Johnson spielte, wurde dabei als Steve Lacy Five betitelt. Zwischen den Aufnahmen und der Veröffentlichung von "The Way" waren Lacy und seine Gruppe mit Jean-Jacques Avenel an Stelle von Kent Carter am 12. Februar 1983 in Zürich aufgetreten.
Der Mitschnitt erschien auf der Doppel-LP "Blinks" (Hat Hut, 1984) bzw. unter der Gruppenbezeichnung Steve Lacy Two, Five & Six. Die Duoaufnahmen stammten von Lacy mit Potts, während bei den Sextettaufnahmen Bobby Few (p) Einsitz nahm. Aus dem Steve Lacy Quintet wurde dazwischen auch das Steve Lacy Sextet, und zwar vorerst mit Michael Smith (p, org) als sechster Musiker.
Mit ihm sowie mit dem damaligen Quintett Lacy, Potts, Aebi, Carter und Tyler entstanden "Scraps" (Saravah, 1974) mit Aufnahmen vom Februar 1974 und "Flakes" (RCA, 1975) mit Aufnahmen vom Mai 1974. "The Wire" (Denon Jazz, 1977) war eine weitere Aufnahme, die unter dem Gruppennamen Steve Lacy Sextett erschien, entstand im Juni 1975 mit Hilfe von japanischen Musikern.
Die fünf zwischen 1969 und 1977 entstandenen Ensemble-Aufnahmen für das Label "Saravah" wurden unter dem Titel "Scratching The Seventies/Dreams" (Saravah, 1997) auf drei CD in ihrer Gesamtheit wieder veröffentlicht.
Es handelte sich um die LPs "Roba" (1969), "Lapis" (1971), "Scraps" (1974), "Dreams" (1975) und "The Owl" (1979). "Songs" (hat ART, 1981) enthielt auf einer LP und einer 7"-EP Aufnahmen von Ende Januar 1981 mit dem damaligen Sextett Lacy, Potts, Aebi, Bobby Few (p), Avenel und Johnson mit dem Poeten und Maler Brion Gysin als Rezitator.
Liveaufnahmen des Sextetts vom Dezember 1980 (Pruntrut) und Studioaufnahmen vom April 1981 (Paris) wurden auf der Doppel-LP "Ballets" (Hat Hut, 1982) zusammengefasst. Für die Doppel-LP "Prospectus" (Hat Hut, 1984) wurde das Sextett im November 1983 durch George Lewis (tb) zum Septett aufgestockt. Für einzelne Tracks wurden noch Cyrille Few und Sherry Margolin (perc) beigezogen.
Die CD-Wiederveröffentlichung dieser Aufnahmen erschien als "Clichés" (hATOLOGY, 1999). Bei zwei Studioterminen im November 1984 in Paris und im Januar 1985 in der Schweiz wurden die Aufnahmen der Doppel-LP "Futurities" (Hat Hut, 1985) realisiert. Am Werk war eine Gruppe, die sich Steve Lacy Nine nannte und eine erweiterte Version des Quintetts/Sextetts darstellte.
Neben Lacy, Potts, Aebi, Avenel und Johnson wurden Jef Gardner (p) an Stelle von Bobby Few, sowie Barry Wedgle (g), Gyde Knebusch (harp) und erneut George Lewis (tb) ins Studio geholt. Im Juni 1985 nahm das reguläre Sextett mit Few "The Condor" (Soul Note, 1986) auf. Im Juli 1986 spielte das Sextett die stark von Aebis Gesang geprägte LP "The Gleam" (Silkheart, 1987) ein.
"Momentum" (Novus, 1987) enthielt Sextettaufnahmen vom Mai 1987, "The Door" (Novus, 1989) solche vom Juli 1988, in einem Track mit Sam Woodyard (dm) an Stelle von Johnson. Mit Betsch anstelle von Johnson sowie zusätzlich mit La Velle (vcl), Sam Kelly (perc) und Glenn Ferris (tb) nahm das Lacy-Sextett im Juni 1989 "Anthem" (Novus, 1990) auf.
Schweizer und österreichische Musiker ergänzten das Lacy-Sextett im November 1990 für "Itinerary" (Hat Hut, 1991) zu einem 16köpfigen Ensemble. "Live At Sweet Basil" (Novus und RCA, 1992) zeigt das Sextett bei einem Auftritt vom Juli 1991 in New York City. Als Steve Lacy 6 entstand im September 1992 "We See (Thelonious Monk Songbook)" (Hat Art, 1993).
Bei dieser Gruppe handelte es sich um eine leicht veränderte Variante des Sextetts mit Lacy, Potts, Avenel und Betsch sowie mit Hans Kennel (tp, flh) und Sonhando Estwick (vibes). Letztere beiden Musiker bildeten zusammen mit Glenn Ferris (tb), Eric Watson (p), Sam Kelly (perc) und Nicholas Isherwood (vcl) sowie mit dem normalen Steve Lacy Sextett das Steve Lacy Double Sextet, von dem "Clangs" (hat ART, 1993) mit Aufnahmen vom März 1992 erschien.
Auch für "Vespers" (Soul Note, 1993) erfuhr das Sextett bei Aufnahmen im Juli 1993 eine Aufstockung zum Steve Lacy Octet durch Tom Varner (frh) und Ricky Ford (ts). Die teilweise solo, teilweise mit dem Sextett aufgenommene Doppel-CD "Findings" (CMAP und Outre Mesure, 1994) diente als Beilage zu Lacy Lehrbuch " My Experience "With The Soprano Saxophone".
Der langjährige Lacy-Begleiter Oliver Johnson starb am 6. März 2002 in Paris. "The Sun" (Emanem, 2012) bestand aus teilweise schon veröffentlichten Aufnahmen von 1967, 1968 und 1973 des Quintetts Lacy, Potts, Aebi, Carter und Romano bzw. Johnson mit Gasten wie Richard Teitelbaum (synth), Enrico Rava (tp) und/oder Karl Berger (vibes).
Sein zweitletztes Konzert, das er kurz vor seinem Tod in Boston gegeben hatte, wurde später unter dem Titel "Last Tour" (Eminem, 2015) auf einer CD veröffentlicht. Das Steve Lacy Quintett bestand am 12. März 2004 neben dem Leader aus Irene Aebi (vcl), George Lewis (tb), Jean-Jacques Avenel (b) und John Betsch (dm). 07/24