Amerikanisches Minimal-Electro Pop-Duo aus New York City, bestehend aus Martin Rev (key, dm) und Alan Vega (vcl). Ihre Wege kreuzten sich erstmals 1970 in Revs 15-köpfiger Free Jazz-Big Band Reverend B. 1971 traten die beiden Musiker erstmals öffentlich im Duo auf. Die Auftritte fanden vor kleinstem Publikum statt und waren chaotisch.
Ab 1975 begann Rev mit einer Drum-Machine zu arbeiten. Dokumente davon fanden sich später auf der LP "First Rehearsal Tapes" (Superior Viaduct, 2017). Dank einer in zwei Exemplaren heraus gebrachten Single, die Rev und Vega in der Jukebox des New Yorker Clubs "Max's Kansas City" platzieren konnten, kamen sie mit Marty Thau in Kontakt.
Thau war Manager und leitete das Label "Red Star", wo The New York Dolls, Richard Hell & The Voidoids und The Real Kids ihre ersten Aufnahmen veröffentlicht hatten. Bei diesem Label erschien die Debut-LP "Suicide" (Red Star, 1977), die mehrfach wieder veröffentlicht wurde. Die Labels "Blast First" (1998) und "Mute" (2000) veröffentlichten eine Expanded-Doppel-CD-Version dieser LP.
CD 1 enthielt das Orginal-Album, CD 2 die "23 Minutes Over Brussels"-Session mit einem Mitschnitt eines Liveauftrittes vom 25. Mai 1978 im "CBGB's" in New York. "23 Minutes Over Brussels" war zuerst als Teil der LP "21½ Minutes In Berlin/23 Minutes In Brussels" (Red Star, 1978) bzw. als Flexidisc-10"-EP (Red Star, 1980) erschienen und dokumentiert einen der Auftritte, bei denen es im Publikum zu Tumulten kam.
Suicide wurde ein Teil der damaligen Pre Punk/No Wave-Szene mit Musikern, Musikerinnen und Gruppen wie The Ramones, Blondie, Television, Dictators, Wayne County, The New York Dolls, James Chance, Lydia Lunch oder Rudolph Grey's Red Transistor. Vega und Grey spielten während einiger Zeit im Trio mit Arto Lindsay (g).
In Europa, wo Suicide 1978 erstmals auftrat, spielte die Gruppe im Vorprogramm von The Clash oder Elvis Costello. Während jener Zeit kam es zu engen Kontakten zwischen Suicide und Ric Ocasek, dem Leadsänger von The Cars. Ocasek produzierte die drei folgenden Suicide-Studiolben. Das erste hiess "Suicide: Alan Vega and Martin Rev" (Ze, 1980).
Auch diese CD kam 1999 und 2000 in einer Expanded Version bei "Blast First" bzw. "Mute" neu heraus. CD 1 enthielt die Orginal-LP sowie die Single "Dream Baby Dream/Radiation", während CD 2 bis zu diesem Zeitpunkt noch nie veröffentlichte Rehearsal-Aufnahmen von 1975 beinhaltete. Neben den beiden Studioalben und der "Brussels"-Flexidisc erschienen auch Konzertaufnahmen.
So wurde 1980 bei einem Auftritt in New York "Attempted: Live At Max's Kansas City 1980" (Sympathy For The Record Industry, 2004) mitgeschnitten. "1/2 Alive" (Roir, 1981) enthielt Studio-, Demo- und Liveaufnahmen aus den Jahren 1974 bis 1979 und war lange nur in Kassettenform erhältlich. 1981 wurde bei einem Konzert zum 10-jährigen Bestehen der Gruppe in Minneapolis "Ghost Riders" (Roir, 1986) aufgenommen, aber erst später in Kassettenform erstmals herausgegeben.
Nach dem zweiten Studioalbum war es längere Zeit still um die Gruppe geworden, so dass sich Alan Vega und Martin Rev vorerst vermehrt eigenen Projekten widmen konnten. Ab Ende der 1980er Jahre erschienen mit "A Way Of Life" (Chapter 22, 1988) sowie "Why Be Blue?" (Brake Out, 1992) zwei weitere Suicide-Alben, die später (Blast, First, 2005) wieder veröffentlicht wurden. "Suicide" (Restless, 1990) war eine Compilation.
Suicide hatte nicht nur prominente Fans wie Bruce Springsteen oder Ric Ocasek, sondern beeinflusste auch eine ganze Reihe von Bands. In England waren dies Formationen wie Soft Cell, Yazoo, Human League, Front 242 oder Depeche Mode bis hin zu Stereolab oder Pulp, in den USA Gruppen wie Sigue Sigue Sputnik oder Künstler wie Billy Idol.
Oftmals wurden Suicide-Songs später wieder neu aufgenommen. Ein spanisches Label veröffentlichte mit "Your Invitation To Suicide" (Munster, 1994) ein Tributalbum. "Zero Hour" (Red Star, 1997) bestand aus Mitschnitten von Auftritten in Berlin und New York 1978.
Nach zehnjähriger Pause erschien mit "American Supreme" (Blast First und Mute, 2002) wieder ein neues Album von Suicide. "One Day + Live At La Loco/Paris" (Nocturne und Escape Video, 2005) war eine DVD mit Aufnahmen von 2005. "Suicide Live 1977-1978" (Blast First, 2008) hiess ein 6-CD-Set, das in einer Auflage von 3000 Stück erschien und von einem Buch und von Memorabilia begleitet war.
Im Rahmen des 60. Geburtstag von Alan Vega startete das Label "Blast First" 2008 die Serie "Blast First Petite". Diese bestand aus 10"-Singles, auf denen Musiker und Bands wie The Horrors, Peaches, Primal Scream, Sunn O))) & Pansonic, Lydia Lunch, The Klaxons, Julian Cope, Liars, Spiritualised und Grinderman Tracks von Suicide interpretierten.
Den Auftakt machte Bruce Springsteen mit einer Liveversion von "Dream Baby Dream" aus dem Jahre 2005, aufgenommen bei der "Devils & Dust Tour". "Live In Switzerland" (Klangarkivet, 2011) hiess eine Live-Split-Kassette, die Suicide und Agent Side Grinder bei ihren Auftritten am 4. September 2010 in Lausanne zeigt.
Alan Vega starb am 16. Juli 2016 78-jährig in New York City. "Surrender" (Mute, 2022) war eine Compilation mit Tracks von der ersten LP bis zum letzten Album. 05/23