Tuxedomoon

Amerikanische Avantgarde Rock-Band zwischen Art Punk und Post New Wave, gegründet 1977 in San Francisco, California, von Blaine L. Reininger (g, e-b, key, vio, vcl) und Steven Brown (key, sax, vcl). Sie hatten sich als Studenten in der Abteilung für elektronische Musik des San Francisco City College kennen gelernt und traten zuerst im Duo unter dem Namen Tuxedomoon New Music Ensemble auf.

 

Danach wurde die Formation durch Winston Tong (vcl) sowie durch mehrere Mitglieder der Theatergruppe Angels Of Light des Electronic-Gurus Tom Tadlock erweitert. Von diesen Musikern/Musikerinnen blieben vorerst nur Tong und Victoria Lowe (vcl) für längere Zeit bei der Band.

Nach einem Auftritt als Opener von Devo konnte Tuxedomoon im Februar 1978 mit "Pinheads On The Move/Joeboy (The Electronic Ghost)" (Tidal Wave und Time Release, 1978) eine erste 7"-Single aufnehmen. Während Lowe die Band wieder verliess, stiessen für kurze Zeit Paul Zahl (dm) und Michael Belfer (g) zur Band. Mit ihnen wurde die vier Tracks umfassende, labellose 12"-EP "No Tears" (1978) eingespielt.

Darauf kehrten Tong und Belfer der Band wieder den Rücken. Auch Tadlock, der der Band sein Equipement zur Verfügung gestellt hatte, sagte sich plötzlich von TM los. Dann stiess Peter Dacherr alias Peter Principle (g, e-b, div instr) zur Band. Er wurde neben Reininger und Brown der wichtigste Mann für Tuxedomoon.

Als nächstes lieferte Tuxedomoon zusammen mit den drei anderen San Francisco-Bands Residents, Chrome und MX-80 Sound die Musik für den Sampler "Subterranean Modern" (Ralph, 1979). Dieser erschien zum zweiten Jahrestag des Todes von Sänger Tony Bennett, dem Autors von "I Left My Heart In San Francisco". Die vier Bands interpretieren diese Stadt-Hymne und spielen zwei, drei weitere Songs.

Tuxedomoon wurde darauf vom Residents-Label "Ralph" unter Vertrag genommen, wo mit "Half-Mute" (1980) das erste Album der Band erschien. Weil eine Europa-Tournee mit Joy Division nach dem Selbstmord von Joy Division-Sänger Ian Curtis nicht zustande kam, absolvierte die Gruppe die Tour allein. In London entstand mit dem zurückgekehrten Winston Tong (vcl) und anderen Musikern die zweite LP "Desire" (Ralph, 1981).

 

Im selben Jahr erschien mit "Joeboy In Rotterdam/Joeboy San Francisco" (Backstreet Backlash, 1981), ein Album mit frei improvisierten Tracks. Diese LP erschien unter dem Gruppennamen Joeboy und enthielt zwei längere Tracks von Tuxedomoon alias Joeboy sowie einen ebenfalls längeren Track von Winston Tong. Später erschien unter dem Projektnamen Joeboy mit "Joeboy In Mexico" (Opción Sónica, 1997) eine weitere Aufnahme.

Nach Abschiedskonzerten in den USA liess sich die Band Anfang der 1980er Jahre in Rotterdam und später in Brüssel nieder. Dort kam es zu einer Zusammenarbeit dem dem Choreographen Maurice Béjart. TM steuerte für Béjarts Greta Garbo-Tribut "Divine" (Les Disques Du Crépuscule und Operation Twilight, 1982) die Musik bei.

Trotz Schicksalsschlägen wie dem Verlust des Equipements durch Diebstähle oder Einbrüchen in die Unterkunft, waren Tuxedomoon und ihre Mitglieder voll beschäftigt. Blaine L. Reininger spielte mit "Broken Fingers" (Les Disques du Crépuscule, 1982) - eine Anspielung auf seinen Unfall in Rotterdam - seine erstes Album unter eigenem Namen ein. Später folgten rund zwei Dutzend weitere Aufnahmen.

Auch Steven Brown eröffnete in jener Zeit den Reigen von Aufnahmen unter seinem eigenen Namen. Als erstes erschien die mit Benjamin Lew als Co-Leader sowie weiteren Musikern eingespielte LP "Douzième Journée: Le Verbe, La Parure, L'Amour." (Crammed, 1982). Peter Principle legte mit "Sedimental Journey" (Crammed, 1985) das erste eigene Album vor. 

 

Die Band trat im Sommer 1982 am Theater Festival von Polverigi in Italien mit dem Auftragswerk "The Ghost Sonata Band" auf, einer Oper ohne Worte, basierend auf einem Stück von August Strindberg und überarbeitet von Winston Tong. Unterstützt wurde die Gruppe von einem 15-köpfigen Kammerorchester. Das Ganze geriet zu einem Fiasko.

 

Viele Vorstellungen wurden abgesagt. Das belgische Radio nahm Teile davon auf und später erschien auch eine Videoversion (Doublevision, 1984) von einer der Aufführungen. Als Album kam "The Ghost Sonata" (LTM, 1991) erst später heraus. Teile davon flossen dann auch in "Music For Solo Piano" (Another Side, 1984) ein, einem Album von Steven Brown.

 

"A Thousand Lives By Picture" (Ralph, 1983) hiess eine erste Compilation mit TM-Material aus der Zeit für das Residents-Label. In den Jahren danach folgen einige Compilations, auf denen mehrere EPs oder EPs und LPs zu Full-Length-Veröffentlichungen zusammengefasst wurden. 1983 ging TM ins Studio, um den Soundtrack zu Bob Visers Film "Fields Of Honour" aufzunehmen. Die drei Tracks mit dem Obertitel "Verdun" erschienen zusammen mit Stücken von Minimal Compact, Aksak Maboul und Benjamin Lew auf der LP "Made To Measure Vol. 1" (Crammed, 1984).

 

Es war das erste Album einer gleichnamigen Instrumental-Serie dieses Labels. Das Label "Les Disques du Crépuscule" bot darauf der Band an, ein Album aufzunehmen. Daraus wurde allerdings "Night Air" (Les Disques du Crépuscule, 1984), die zweite Solo-LP von Reininger, der die Band danach verliess.

Mit neuen Musikern, darunter Luc Van Lieshout (tp, hca), wurde neues Material und eine neue Live-Show einstudiert. Daraus entstand das Album "Holy Wars" (Cramboy, 1985), die am besten verkaufte LP der Gruppe. "Crammed Discs" hatte eigens für Tuxedomoon das Unterlabel "Cramboy" gegründet, auf dem später auch frühere TM-Alben wieder veröffentlicht wurden.

 

Winston Tong widmete sich immer mehr seinen Soloprojekten und gab seinen Austritt. Er wurde durch Ivan Georgiev (div instr) ersetzt. Nach Tourneen mit neuen Leuten entstanden das Mini-Album "Ship Of Fools" (Cramboy, 1986) und die LP "You" (Cramboy, 1987). Dazwischen hatten die TM-Mitglieder mit "Plan Delta" einen weiteren Soundtrack für einen Film von Bob Viser eingespielt und teilweise auch live aufgeführt.

In jener Zeit erschienen mehrere Aufnahmen mit bekanntem oder bisher unveröffentlichtem Material. So "Pineheads On The Move: Early Singles, Rehearsals, Live Recordings & Other Rarities" (Cramboy, 1987) mit raren Tracks, Demo-Aufnahmen, unveröffentlichten Single-Tracks oder sonstigen Kuriositäten aus der Zeit von 1977 bis 1983.

Zwei Jahre später erschien die Doppel-LP/CD "Ten Years In One Night" (Play-Boy und Materiali Sonori, 1989) mit Liveaufnahmen. "Solve et Coagula" (Cramboy, 1991) stellte die erste umfassende Compilation von TM dar. Später fand sich die Gruppe wieder zusammen. Bei einem Auftritt in Russland wurde die Doppel-CD "Live In St. Petersburg" (Neo Acustica, 2000) mitgeschnitten.

 

Die Band bestand bei diesem Auftritt im November 2000 aus den drei wichtigsten TM-Musikern Blaine L. Reininger (vcl, vio, g, key), Steven Brown (vcl, p, key, sax) und Peter Principle (e-b, g, tapes, loops). Gespielt wurde vor allem aufbereitetes Material ihrer ersten LP "Half Mute". Unter dem Titel "Urban Leisure" (LTM, 2002) erschien eine Sammlung von Soundtrack-Arbeiten von TM.

"Cabin In The Sky" (Crammed, 2004) hiess ein Album mit neuem Material. Die Gruppe spielte erneut in der Orginalbesetzung mit Reininger, Principle und Brown sowie mit Luc van Lieshout (tp). Dazu kamen diverse Gastmusiker wie DJ Hell, Tarwater, John McEntire von Tortoise und The Sea And Cake, Juryman, Aksak Maboul und Marc Collin.

"Bardo Hotel" (Crammed, 2006) hiess der Soundtrack für den gleichnamigen Film. Mit dieser Aufnahme wurde die "Made To Measure"-Reihe des Labels "Crammed" nach einem Unterbruch von über zehn Jahren mit Volume 38 wieder neu lanciert. "Vapour Trails" (Crammed, 2007) war ein weiteres Studioalbum mit aktuellem Material. Es war gleichzeitig auch Teil des 3-CD/1-DVD-Box-Sets "77-07 - 30th Anniversary Box" (Crammed, 2007).

 

Die weiteren Teile dieses Jubiläums-Sets waren die CD "Unearthed: The Lost Chords" mit bislang unveröffentlichten Aufnahmen aus den Jahren 1977 bis 1997, die CD "162o7-39° N 7° W" mit Liveaufnahmen von 2007 sowie die DVD "Unearthed: Found Films", mit noch nie veröffentlichten Videoaufnahmen aus den Jahren 1977 bis 1988.

 

Weiteres Filmmaterial von TM-Auftritten aus den 1980er Jahren kam auf der DVD "The Super-8 Years With Tuxedomoon" (Transparency, 2007) heraus. "Live Alberobello, Italy" (2011) war ein via Bandcamp angebotener Livemitschnitt. ufnahmen eines Auftritts von 2012 in Bukarest erschienen als "Liveland: Tuxedomoon In Concert" (Pledge Music, 2012) in DL-Form, bestehend aus 20 Audio- und einem Videotrack.

Unter dem Titel "At Twilight" (Les Disques Du Crépuscule, 2013) wurden Tracks von Singles und anderen TM-Aufnahmen aus den Jahren 1981 bis 1983 auf einer CD vereint. "Pink Narcissus" (Crammed Discs, 2014) enthielt die 2011 neu geschriebene und eingespielte Musik zum gleichnamigen Film von James Bidgood aus dem Jahre 1971.

Das zusammen mit Cult With No Name eingespielte Instrumentalalbum "Blue Velvet Revisited" (Crammed, 2015) erschien als Volume 42 der "Made To Measure"-Reihe. Es handelte sich um die Musik zu einem neu überarbeiteten und ausgebauten Dokumentarfilm.

 

Unter dem Titel "The Vinyl Box" (Crammed, 2015) wurden die neun wichtigsten Alben von TM auf Vinyl wiederveröffentlicht. Drei der Alben waren davor nur in CD-Form erschienen. Eine zehnte LP mit dem Titel "Appendix" enthielt zudem bisher noch nie veröffentlichtes Material. Von 2018 an erschien eine ganze Reihe von Livemitschnitten, die TM in allen Epochen ihres Schaffens zeigen.

Peter Dachert/Peter Principle starb am 17. Juli 2017 62-jährig in Brüssel.                              01/24